Horizont-erweiternde Bilderbuchbiografie aus der Perspektive des Wassers
INHALT:
Nibi (das Wasser) erinnert sich:
Lange haben sich die Menschen gut um das Wasser gekümmert und es sauber gehalten. Sie haben stets auch an die kommenden Generationen gedacht.
Das Volk der Anishinaabe hat nibi geliebt und geehrt.
Doch mit der Zeit sank die Wertschätzung der Menschen, die mittlerweile ihren Müll in das Wasser warfen. Die Botschaft, sorgsam und respektvoll mit nibi umzugehen, wurde immer weniger weitergetragen.
Eines Tages kam Großmutter Josephine und trug nibis Seele in einem zeremoniellen Eimer über viele Kilometer weit, rund um die Großen Seen, um auf die Bedeutung von sauberem Wasser aufmerksam zu machen.
Nach ihrem Tod fängt ihre Großnichte aus der 7. Generation an, sich für nibi einzusetzen. Sie ehrte das Wasser und bietet Gebete an.
Plötzlich wird Autumn darauf aufmerksam, dass das Wasser bei manchen Menschen verseucht ist. Und sie wird selbst zur Wasseraktivistin ...
„Sei wie Autumn
und Großmutter Josephine,
hinterlasse gute Fußspuren,
für mich.“
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MEINUNG:
Diese Bilderbuchbiografie über Autumn Peltier und ihre Großtante Josephine Henrietta Mandamin, beide Aktivistinnen für indigene Rechte, die sich auch für den Schutz des Wassers einsetzen, bzw. eingesetzt haben, hat direkt mein Interesse geweckt.
Warum?
Kindern Wasser als wertvolle Ressource zu vermitteln, finde ich gerade in Deutschland wichtig. Denn ja, wir müssen nur den Wasserhahn aufdrehen, um sauberes Trinkwasser zu gelangen. Aber in anderen Ländern ist das nicht gang und gäbe. Dabei ist Wasser die Lebensgrundlage von Menschen, Pflanzen und Tieren. Desto bewusster sollten wir damit umgehen, statt Gewässer weiter zu vermüllen.
Zudem gibt es bisher kaum Bilderbücher in deutscher Sprache, die das Leben, die Kultur oder die Weltanschauung indigener Menschen aufgreifen, was ich sehr schade finde. Das habe ich schon länger als eine Lücke auf dem Markt und in den Köpfen von uns Menschen, empfunden.
Daher freue ich mich, dass Dayan Kodua dieses Buch nun für den Gratitude Verlag ins Deutsche übersetzt hat.
Im Vorwort erklärt Autumn Peltier, dass Wasser in ihrer Kultur als lebendiges Wesen angesehen wird. Ihnen wird vermittelt, dass sie dem Wasser den gleichen Respekt entgegenbringen müssen, wie einem Menschen.
„Wasser ist das Lebensblut von Mutter Erde. Es gibt allem Leben und ohne gibt es kein Leben.“
Ich persönlich finde es eine äußerst faszinierende Betrachtungsweise, sich Wasser als ein lebendiges Wesen mit einer Seele, mit Gefühlen und Erinnerungen, vorzustellen.
Besonders finde ich auch, dass die Geschichte aus der Perspektive des Wassers, „nibi“, geschrieben ist. Wie genial ist das bitte? Das passt so gut zur Betrachtung der Anishinaabe auf das Wasser.
Auch Kinder können hier eine andere Perspektive einnehmen, ihre Empathiefähigkeit schulen sowie Wertschätzung und Verantwortungsbewusstsein für den Umgang mit Wasser entwickeln.
Denn das Buch ruft am Ende dazu auf, sich selbst für sauberes Wasser einzusetzen.
Und auch Autumn Peltier äußert in ihrem Vorwort den Wunsch, dass junge Menschen aus ihrer Geschichte und der ihrer Vorfahren lernen und sich für die nächsten Generationen starkmachen.
Die Illustrationen von Bridget George sind wundervoll, indigene Menschen unterschiedlicher Haut- und Haarfarben, verschiedenen Alters und mit unterschiedlicher Kleidung, mit verschiedenem Schmuck, usw. kommen darin vor.
Gefühle werden in den Gesichtern anschaulich aufgegriffen.
Das Wasser nimmt auch bei den Bildern einen großen Stellenwert Ein und Alles wirkt sehr „fließend“ und überaus passend zur Geschichte.
Am Ende des Buches befinden sich zahlreiche zusätzliche Infos und ein Glossar, was super ist, um Vorlesenden noch mehr Hintergründe für die Bilderbuchbetrachtung an die Hand geben zu können. Mein Tipp: Am besten vorher schon mal reinschauen, denn ich kann mir vorstellen, dass es hier so manche Fragen geben könnte.
Vom Verlag wird das Buch ab 4 Jahren empfohlen.
Durch die spirituellen Texte, die besondere Erzählperspektive des Wassers und den eher komplexen Hintergrund, würde ich es vermutlich ab 5 Jahren einsetzen. Aber hier sollte man individuell schauen.
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FAZIT: Ich denke, dieses Bilderbuch kann sehr Horizont-erweiternd sein. Eine tolle Biografie über zwei Aktivistinnen für indigene Rechte, erzählt aus der Perspektive des Wassers. Sie vermittelt die Bedeutsamkeit eines wertschätzenden und schützenswerten Umgangs mit Wasser und kann Empathiefähigkeit und Verantwortungsbewusstsein bei Kindern stärken. Außerdem bringt sie ihnen die Weltanschauung der indigenen Anishinaabe etwas näher.
Von mir gibt es eine klare Empfehlung und 5/5 Sterne!
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ZU DEN PERSONEN:
„Josephine Henrietta Mandamin, oder Großmutter Josephine, wie sie liebevoll genannt wurde, war eine angesehene Anishinaabe-Älteste und international geachtete Aktivistin für Wasser- und indigene Rechte. Sie wurde weithin als die Anführerin der Wasserwander-Bewegung anerkannt, die junge Generationen von Wasserkämpfer:innen wie ihre Großnichte Autumn Peltier anleitete.“
„Autumn Peltier ist Anishinaabe und eine indigene Wasserbeschützerin von der Wiikwemkoong-„First Nation“ auf der Insel Manitoulin in Nordontario.“ Sie wurde 2019 mit 14 Jahren zur Haupt-Wasserbeauftragten der Anishinaabek-Nation ernannt, eine Aufgabe, die zuvor ihre verstorbene Tante Josephine Mandamin übernommen hatte. Autumn Peltier trifft sich mit „Führenden verschiedener indigener Communities, spricht national und international über indigene Rechte und Wasserrechte und ist maßgeblich am Schutz des Wassers beteiligt, das in die und aus den Großen Seen führt. Sie wurde mehrmals für den internationalen Kinderfriedenspreis nominiert.“