Ein würdiger Abschluss der Totenfrau-Trilogie
Zum Inhalt:
Auf ihrer kopflosen Flucht vor der Polizei strandet Brünhilde Blum mit ihren beiden Töchtern in Hamburg, ohne Geld und ohne Pässe. In ihrer Verzweiflung wendet sich Blum an die Hamburger Unterweltgröße Egon Schiele. Dieser findet gefallen an Blum und verschafft ihr nicht nur gefälschte Pässe, sondern gleich noch ein angenehmen Leben. Doch alles hat seinen Preis, und der Preis, den Blum zahlen soll, ist hoch…
Zur Aufmachung des Buches:
Wie bereits die beiden Vorgänger-Bände ist auch der dritte Band mit seinem Leinen-Hardcover mit Schutzumschlag, dem griffigen und schweren Papier sowie einem roten Lesebändchen sehr hochwertig produziert. Darüber hinaus sind die Kapitelzahlen sowie die Seitenzahlen in rot gedruckt. Die rd. 480 Seiten (brutto) teilen sich auf in 62 teilweise sehr kurze Kapitel. Durch die großzügige Trennung zwischen den Kapiteln ergeben sich in der Regel ca. 3 Leerseiten, wodurch ich die tatsächliche, mit Text bedruckte Seitenanzahl auf rd. 290 schätzen würde.
Meine Meinung:
„Totenrausch“ ist der dritte und (vorerst?) letzte Band der „Totenfrau-Trilogie“ um die Bestatterin und mehrfache Mörderin Brünhilde Blum. Nachdem mir der erste Band („Totenfrau“) sehr gut gefallen hatte (4 Sterne), war ich vom zweiten Band („Totenhaus“ – 2 Sterne) sehr enttäuscht. Entsprechend gespannt war ich nun auf den Abschluss der Trilogie. Man kann dieses Buch durchaus auch stand-alone ohne Kenntnis der beiden Vorgängerbände lesen, m.E. sollte man aber auf jeden Fall den ersten Band gelesen haben (den zweiten Band könnte man für mein Empfinden problemlos auslassen).
Bezeichnender Weise gibt es zu Beginn einen kurzen Rückblick auf die Ereignisse des ersten Bandes, während der Autor die etwas merkwürdigen Geschehnisse des zweiten Bandes selbst größtenteils außer Acht lässt. Ich war hierdurch sehr schnell wieder in der Geschichte „drin“, auch wenn ich den letzten Band vor über einem Jahr gelesen habe. Die Geschichte und damit auch das Unglück nehmen schnell ihren Lauf, wobei das Bedrohliche zu Anfang eher unterschwellig daher kommt. Nach einem kurzen Start auf den Lofoten gelangt Blum mit ihren beiden Töchtern Nela und Uma schnell und vergleichsweise unkompliziert nach Hamburg und damit in die Fänge des zweiten Protagonisten, der Unterweltgröße Egon Schiele. Es ist eine Umbruchsituation, in der Blum und ihre Töchter am Beginn eines Neuanfangs stehen, dessen Erfolg und Ausgang noch zutiefst ungewiss ist. Denn der Albtraum ist noch nicht beendet. Vielmehr gönnt Schiele Blum eine ruhige, trügerische Phase er Erleichterung, umgarnt und verwöhnt sie, bis er Blum vollkommen unvorbereitet trifft….
Die Story um die ungewöhnliche Bestatterin Brünhilde Blum, die seit dem ersten Band stark polarisiert, war in „Totenfrau“ noch von „agieren“ geprägt. Diesmal ist Blum in einer vollkommen anderen Situation und (fast) die gesamte Story ist von „reagieren“ bestimmt. Erst gegen Ende läuft Blum zu alter „Hochform“ auf und nimmt die Dinge wieder selbst in die Hand. Es ist, als sei sie endlich aus einer Schockstarre erwacht und fängt nun endlich an zu kämpfen, für sich selbst sowie für die Zukunft ihrer Kinder. Wie schon im ersten Band geizt der Autor auch diesmal nicht mit Überraschungen, neuen Wendungen und durchaus auch mit einigen neuen Figuren. Letztendlich werden aber alle anderen Charaktere, die Autor Aichner neu einführt, neben Blum und Schiele zu Randfiguren, sei es der treu-naive Tino (der gerne ein Reza-Ersatz wäre), der gutmütige alte Bestatter Engel oder der sympathische Ermittler Lambert. Diese Figuren haben mir alle sehr gut gefallen, blieben im Vergleich zu Blum und Schiele doch stets ein wenig blass. Dafür findet Aichner einen für meinen Geschmack sehr passenden und „runden“ Abschluss für seine Trilogie, ohne irgendwelche Fragen offen zu lassen.
Ungewöhnlich ist nach wie vor Bernhard Aichners Schreibstil: Sehr oft nutzt er kurze, mehr beschreibende Stakkato-Sätze („Sie steigt in keinen Zug. Sie fährt nicht weg. Sie isst etwas.“ - S. 435). Dafür nutzt er den Namen „Blum“ nicht mehr so Mantra-artig wie noch im ersten Band. Ich glaube, entweder sagt einem dieser Stil zu oder nicht. Wer sich unsicher ist, sollte vor dem Kauf lieber ein bis zwei Kapitel in der Buchhandlung oder auch online durch den „Blick ins Buch“ lesen.
FAZIT:
Skurril, besonders und durchaus spannend: Eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle, die „Totenfrau“ mochte (den man zuvor gelesen haben sollte!).