Zwischen Liebe, Kunst und Französischer Revolution
INHALT:
1778: Die 16-jährige Marie Grosholtz lebt mit ihrer Mutter bei Onkel Philippe Curtius in Paris. Bereits als sie 6 Jahre alt war, hatte sich der Vater von ihnen getrennt. Offiziell war er im Krieg gefallen.
Curtius, Inhaber eines Wachsgeschäfts, Arzt und angesehener Wachsbildner, hatte die beiden bei sich aufgenommen.
„Schon als Kind begeisterte sich Marie für seine Köpfe und Figuren und wollte das Handwerk der Wachsbildnerei von ihm erlernen. Inzwischen übernahm sie sämtliche Aufgaben der Wachsmodellierung, sodass sich Onkel Philippe bedenkenlos seiner Ausstellung widmen konnte.“
Marie hat großes Talent beim Modellieren von Wachsfiguren. Sie arbeitet stets konzentriert und sorgfältig und erschafft Wachsfiguren von verschiedensten Menschen, die Rang und Namen besitzen. Darunter beispielsweise Dauphin Louis Auguste (späterer König), Philippe II. (Herzog von Orléans), Voltaire (ihr erstes lebensgroßes Modell), Jean-Jacques Rousseau, oder Benjamin Franklin.
„Onkel Philippe staunte immer wieder, dass sie sich an kleinste Details des Gesichts erinnern konnte, was das Modell am Ende umso echter wirken ließ.“
Sie stellen ihre Kunstwerke nicht nur auf dem Jahrmarkt aus, sondern mieten auch Ausstellungsräume im noblen Palais Royal für ihr erstes Wachsfigurenkabinett.
Maries Begabung führt sie bis zum Adel am Hof in Versailles, wo sie Prinzessin Elisabeth, die Schwester des Königs, bei der Erschaffung von Wachsminiaturen unterrichtet.
Dabei verliebt sie sich in den verheirateten Maler Jacques-Louis David.
Doch die Menschen sind unzufrieden mit ihren Lebensbedingungen, wollen nicht länger unterdrückt werden und setzen sich gegen den König zur Wehr.
Die Französische Revolution sorgt für Chaos und Gewalt in Paris und bringt auch Marie in Lebensgefahr. Nur ihre Kunst kann sie noch retten …
MEINUNG:
Ich liebe Bücher über Künstler*innen und künstlerische Tätigkeiten.
Frühere Frauen aus der Kunst sind ja leider meistens weniger bekannt. Doch „Madame Tussaud“ dürfte heute jedem ein Begriff sein, auch wenn die meisten vermutlich kaum etwas über die Künstlerin dahinter als Person wissen.
So ging es mir zumindest …
In diesem Buch wird sie als eine starke, taffe Protagonistin dargestellt, die weiß, was sie will. Sie macht das, wofür sie brennt, kreiert Wachsfiguren, fügt sich nicht den allgemeinen Vorstellungen vom Bild einer Frau und gibt ihre Arbeit auch nicht für einen Mann auf.
Dank ihrer außergewöhnlichen Begabung wird sie weltberühmt, was damals leider nicht vielen weiblichen Künstlern gelungen ist …
Ich fand es spannend, etwas über die Entstehung der Wachsfiguren und deren Museen zu erfahren. Besonders mochte ich die Schilderungen über ihre Handwerkskunst – darüber hätte ich auch gerne noch mehr gelesen.
Mindestens genauso lesenswert waren Maries Begegnungen mit all den berühmten Menschen. Wobei hier natürlich vieles der Fantasie entsprungen sein kann.
Super fand ich die Schilderungen zum Beginn der Französischen Revolution. Marie befindet sich plötzlich zwischen den Ständen und bekommt es mit toten Köpfen zu tun. Hier wird Geschichte lebendig gemacht!
Das Buch erstreckt sich über einige Jahre (1778 bis 1802), es gibt manchmal große Zeitsprünge. Dadurch fehlten mir immer wieder Details, Emotionen und teilweise gingen die Handlungen zu schnell vonstatten.
Gleichzeitig bekommt man so einen guten Gesamteindruck vom Leben und der Arbeit von Marie Tussaud.
Die Liebesgeschichte war mir, wie so oft in Romanen, etwas zu kitschig und zu ausufernd.
Dafür lässt sich das Buch eher locker-leicht lesen – genau das, was ich gebraucht habe!
Mit dem Nachwort der Autorin wird deutlich, dass sowohl bei den Personen als auch bei der Handlung, vieles der Fantasie entsprungen ist. Zu manchem gab es schlichtweg zu wenig Informationen.
Bei ein paar Punkten war ich dann schon ein bisschen enttäuscht. So auch bei der Liebesgeschichte, da gar nicht klar ist, ob die beiden Personen sich überhaupt je über den Weg gelaufen sind …
Aber so ist das manchmal leider mit Romanbiografien. Trotzdem mag ich das Genre gerne …
FAZIT: Vor allem die historischen Aspekte rund um die Französische Revolution, als auch Marie Tussauds Wachskunst und deren Entwicklung, sprechen für das Buch. Wer zudem mit einem hohen Teil an Fiktion sowie mit Liebesgeschichten gut zurechtkommt, dem empfehle ich, das Buch mal genauer anzuschauen. 3,5-4/5 Sterne!
(CN: u. a. se*uelle & häusliche Gewalt)