Nett, leider nicht mehr
1. Die Idee
Die Idee an sich finde ich ganz gut. Allerdings hat man Ähnliches schon gelesen, und es gibt Parallelen zu anderen Dystopien. Atlantia selber erinnerte mich weniger an Fantasy und Legende, wie es sonst immer dargestellt wurde, sondern hier eher wie eine dystopische Stadt, die ich mir dank ihrer vielen metallenen Elemente stark Richtung Steampunk vorstelle.
Leider war die Idee meiner Meinung nach noch nicht ausgereift genug, als sie niedergeschrieben wurde.
2. Die Handlung
Die Handlung hat eine sehr merkwürdige Geschwindigkeit. In den ersten Kapiteln passiert gar nichts. Natürlich muss man die Protagonisten erst einmal kennenlernen, aber ich für meinen Teil habe mich im ersten Buchteil fast gelangweilt. Dann hält sich die Autorin lange an einem Trainingsszenario auf, das scheinbar eigentlich nur die Funktion der Entwicklung einer Liebesgeschichte hat, die mich ebenfalls nicht ganz überzeugt. Das mag aber vielleicht auch mit der Protagonistin Rio zusammenhängen, die einfach nicht so emotional ist/sein kann.
Dann, im zweiten Teil des Buches, wird alles zack, zack abgehandelt. Auf mich wirkt es so, als hätte Ally Condie auf einmal bemerkt, dass es ziemlich viele Seiten würden, wenn sie alles so ausführlich behandelte, oder aber der Druck der Deadline sie veranlasste, schnelle zu machen.
Eine unausgewogene Erzählung, finde ich.
zudem werden immer wieder Fragen aufgeworfen, von denen weniger als die Hälfte im Ende auch beantwortet werden. Vieles scheint unlogisch, vieles hätte erklärt werden müssen, vieles wirkt zu konstruiert.
Wenigstens ist das Ende nicht ZU kitschig, wenn es auch fast in die Richtung geht.
3. Die Charaktere
Ich wurde mit fast keinem der Protagonisten warm. Die einzige, die einen wirklich vielfältigen und tiefgründigen Charakter hatte, war Maire. Nevio lernt man zu wenig kennen, um irgendetwas über ihn sagen zu können, außer, dass man ein schlechtes Gefühl bei ihm hat.
True ist ein netter Junge, mehr aber auch nicht. Ohne Ecken und Kanten auf Dauer langweilig.
Bay handelt in meinen Augen im kompletten Buch absolut unlogisch. Heimlichtuerei und Verschwiegenheit, wo eigentlich keine hätte sein müssen. Selbst wenn sie heimlich ihre Abreise nach Oben plant - wieso verschweigt sie ihrer Zwillingsschwester, dass sie sich verliebt hat? Damit hätte ihre Abreise einen trivialeren Grund, und vielleicht wäre Rio enttäuscht gewesen, hätte eventuell aber nicht eine Verschwörung gerochen, was Bays Ziel ja eigentlich gelegener käme.
Rio finde ich merkwürdig. Stolz, stark, mutig, all diese Eigenschaften finde ich gut und will sie ihr auch gar nicht absprechen. Auch eine Intelligenz und eine Sehnsucht nach dem Unbekannten finde ich gut gemacht. Allerdings geht sie manchmal dermaßen stur und naseweis an ihre Pläne heran, dass sie am Ende naiv und unbedacht wirken.
4. Der Schreibstil
Den Schreibstil mag ich sehr. Er ist einfach, unkompliziert, geradlinig, ohne dabei stumpf zu wirken. Condie schafft es, was mir immer sehr wichtig ist, die Fantasie anzuregen, indem sie Atlantia beschreibt, die Beschreibung dabei aber nicht so ausufern zu lassen, dass sie langweilt, und dem Leser genug Spielraum zu geben, sodass er selbst kreativ werden kann.
Denn wenn etwas schön beschrieben wird, aber nicht jedes Detail vorgegeben wird, kann es sich der Leser so ausmalen, wie es ihm persönlich am Schönsten erscheint, und so erschafft man gute Atmosphären.
Lediglich die Personen fand ich nicht genug vertieft, und die Kussszene etwas plump beschrieben.
5. Fazit
Leider, leider nicht überzeugend.Es sind eine Menge guter Ansätze dabei, die einfach nicht konsequent genug verfolgt wurden. Außerdem wirkt es, als hätte sich die Autorin zwischenzeitlich im Schreiben verloren und vergessen, dass wir Leser nicht in ihren Kopf schauen können, und Atlantia alle anders wahrnehmen, weshalb manche Sachen für uns einfach nicht nachvollziehbar sind.