Klasse Interaktion. Ein großer Wurf!
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Yes auf der Überholspur!
Der Sound ist frei!
Frei zu fliegen.
Dieser Albumsound ist definitiv Yes.
Mit seinen wunderbaren Atmosphären und Klangfarben.
Hat mich vom ersten Moment an gefesselt,
aber als sich nach ein paar Durchgängen das Album geöffnet hat,
wurde 'Cut From The Stars' für mich ein einziger schöner Orgasmus.
Ebenso 'All Connected', spätestens wenn der UpTempo Teil startet, beamt es dich
direkt in den Himmel!
Orgasmisch geil!
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Als das Album 'rauskam, fing es an, sich zielstrebig ganz nach vorn zu spielen.
Im Herbst war 'Mirror To The Sky' dann der unbestrittene Spitzenreiter, vor dem neuen Tangerine Dream Studio Album 'Raum',
vor dem neuen Jean Michel Jahre Album 'Oxymore', vor dem neuen Jethro Tull Album 'Rökflöte',
vor dem neuen Steve Vai Album, vor dem neuen Steve Hackett Album, etc.;
Das einfach meistaufgelegte und meistgeliebte Album der Saison.
Als später das neue Trevor Rabin Album 'RIO' da war, hat es sich für eine Weile nach vorn gespielt,
aber das hat anscheinend eine kürzere Halbwertszeit, denn es ist, obwohl erst vor Weihnachten veröffentlicht,
nicht mehr ganz vorn. 'Mirror To The Sky' steht aber weiterhin weit vorn.
'The Quest' war nur der Auftakt. Was sich seitdem getan hat, ist bemerkenswert.
Hier bewegt sich alles vorwärts und die Liebe ist stark.
Jay Schellen bringt einen guten eigenen Ansatz mit,
klingt dabei natürlich jünger, auch leichter und swingender in seinen Grooves.
Er spielt z.B. gern und oft mit Synkopen, wodurch ich ständig sein Spiel fokussiere und genieße.
Und er hat einen tollen Drum- und Cymbalsound!
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Jon Davison bringt auf 'Mirror To The Sky' seine bisher schönsten und besten Leistungen.
Seine Arbeit schraubt das Album inhaltlich in die Höhe. Seine Poesie ist lebendig und anschaulich.
Mir gefallen besonders diese speziellen Kicks,
die einzelnen, nicht wiederholten, Momente z.B. zum Ende von 'Cut From The Stars'
die letzte Zeile; "we have transmission after, after dark, after dark".
Stimme und die Instrumente verschmelzen hier für Sekunden zu einer großen Notenfolge.
Seine Arbeit und seine Kunst sind Mittelpunkt des Albums.
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Neben Jon Davison steht der emanzipierte Bandsound ohne aggressive Gitarren.
Keine Distortion, Overdrive, Tubescreamer oder sonstige 'Hartmacher', die in unangenehmer Weise
die Gitarre vor alle anderen Instrumente schiebt
und alles in unangemessener Weise dominieren würde.
Das erste harte Yes Riff überhaupt, an das ich mich spontan erinnere,
ist auf Seite 3 der 'Tales' ganz am Ende von 'The Ancient' zu finden,
ein hart gespieltes Riff aus zwei Noten, sehr kurz, nur wenige Sekunden lang.
Dazu natürlich eine Handvoll knackiger Riffs
auf '90125', 'Talk' und 'Big Generator'. Der Titelsong 'Big Generator' ist ganz große Klasse,
erinnert - so virtuos, mit seinem schrägen Riff und klasse Mittelteil, plus Pop Appeal - an Frank Zappa.
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Jon Davison, der schon mit 'The Quest' zu großer Form auffahren konnte, führt die Entwicklung
in großartiger Weise fort. Seine Melodien und vielen speziellen Momente
sind einfach klasse. Ich wurde zum Jon Davison Fan
und bin nach wie vor Jon Anderson Fan.
'The Invention Of Knowledge', von Roine Stolt produziert, ist eines der besten Yes Alben ever!
Da ist nicht mal ein Hauch eines Widerspruchs; ein Liebhaber aller Yes Alben von 1969 bis heute wird sich
auf jeden Fall in das neue 'Mirror To The Sky' verlieben können. Es hat viele wunderbare kleine
verzaubernde Momente, die von Allen beigesteuert werden und erzeugt im richtigen Setting kleine Freudentränen,
Tränen der Rührung.
Das ist sowieso einer der Schlüssel zum Yessound, ob 'Time And A Word', 'Talk', 'Mirror To The Sky',
'Fragile', 'Drama' oder 'Tales From Topographic Oceans': Immer sentimental. Ein lebendiges Sentiment.
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Es gibt natürlich auch "Yes Fans" die eigentlich nur Fans von zwei oder drei Alben sind,
das alles ist aber zu eng, gefühlt zu kleinlich, für so ein gigantisches Generationenprojekt
wie Yes sich heute präsentiert.
Meine Schwäche war dass ich (zu) sehr an den drei komplexesten Alben, jenen mit den echten Epen, hing.
'CTTE', 'TFTO' und 'Relayer', aber davon bin ich schon längst frei.
Man kann also ohne jede Abstriche ein riesiger Fan des ersten Yes Albums von '69 sein, und gleichermaßen 'Talk' lieben.
Wer so empfindet, wer Liebe für jedes Yes Album hat, kann sich in angemessener Weise auf jedes neue Yes Album
einlassen.
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Yes klingen auch in ihren experimentellsten Momenten sinnlich und konstruktiv.
Zwar mit hohem Druck aber abstrakt, virtuos, fließend und gerne seltsam, was sehr cool ist. ; )
Ich sehe die Band mehr in der Gruppe der großen 'big selling' Bands wie Pink Floyd und Santana.
Yes verarbeiten ihren Frust grundsätzlich nicht zu frustig oder aggressiv klingender Musik.
Siehe, als aktuelles Beispiel, den Titel-Track 'Mirror To The Sky', der die nicht endenden Angriffe mit Drohnen und Raketen thematisiert.
Wir sehnen uns nach einem "Himmel ohne Feuer".
Eine Ausnahme gibt es anscheinend aber doch immer; wenn die 'Gates Of Delirium' 1974 tönen;
"...burn their childrens laughter on to hell..."
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'The Quest' mit seinem einfach strukturierten, neoproggigen 'The Ice Bridge' ist schon eine gutes Album
dass auf eigenen Beinen stehen kann,
das Bestand haben wird, auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten.
Aber 'Mirror To The Sky' ist nochmal ein, zwei Klassen besser.
Ein richtig hochwertiges und klassisches Yes Album, das schon jetzt wo es noch aktuell ist,
sich einen guten Platz recht weit oben verschafft hat.
Was am wirklich guten Drive liegt und wohl noch mehr an der emotionalen Beteiligung der Musiker,
die Spielfreude ist das entscheidende Element; sie ist an allen Ecken und Kanten zu hören;
das Album quillt fast über vor Spielfreude!
Die Arrangements sind sehr gut. Der opener 'Cut From The Stars', das zweite Stück 'All Connected',
das dritte 'Luminosity' der titelgebende Longtrack (15 Min.!) und der Abschluss 'Circles Of Time' haben große Klasse.
Einzig 'Living Out Their Dream' fällt etwas ab und
findet sich qualitativ eher beim Bonustrack 'Unknown Place' wieder.
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Als Fazit möchte ich 'Mirror To The Sky' einen großen Wurf nennen.
Was mit 'The Quest' interessante und schöne Formen annahm, erblüht hier in nochmal
größerer Schönheit und mehr musikalischer Brillanz.
Es erinnert an die Ästhetik von 'Fragile' und 'Drama' in einer neuen eigenen Ästhetik.
Ich möchte aber dazu sagen, ich bin Musiker in Jazz und Progressive. Ich differenziere grundsätzlich alle Instrumente, konzentriere mich auf jedes Instrument einzeln und nehme mir alles gezielt nach und nach vor.
Die Instrumente, die Farben, die Spieldymamik, das Zusammenspiel,
Psychologie, die Arrangements etc.
Einfach jeden Aspekt eines Albums.
So komme ich zu meiner Wahrnehmung der Musik.
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Das Cover gefiel mir zuerst nur mäßig. Mittlerweile habe ich die farbliche Grundausstattung akzeptiert
und schätze die schönen Kontraste zum Cover von 'The Quest'. Anderer Fokus, andere Grundfarben.
...aber ich mag das Cover des 'Royal Affair' Live Set lieber,
das hätte ich gern zu 'Mirror To The Sky' gesehen. ; )
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