Die Welt des musikalischen Pandabären stelle ich mir ungefähr so vor: wie im Traum fliegen die Comic-Varianten bekannter Musiker – wie zum Beispiel BEACH BOYS – in sehr bunten Klamotten (die Farben entsprechen so ungefähr jenen auf dem Cover des zu bespre
Da geht´s ganz schön ab: bewusstseinsverändernde Substanzen im Trinkwasser braucht in so einem Fall niemand mehr – tut mir wirklich leid, Herr Leary. Wäre man Ihren Visionen gefolgt, dann hätte die Menschheit zwar das Rad erfunden, weil es das schon vor Ihren teilweise mindestens überdenkenswerten Ideen gab, aber die Technik und die Instrumente, mit denen PANDA BEAR auf seinem fünften Album kreativ werkelt, würde es wahrscheinlich nicht geben. Genau so wenig die das Flugzeug, mit dem er vor ein paar Jahren nach Lissabon flog, wo seine zukünftige Freundin und er sich kennen lernten und ein Kind zur Welt brachten und wo PANDA BEAR nach wie vor residiert.
Wenn jemand als Jugendlicher eine Waldorf-Schule besucht, APHEX TWIN mag und mit Freunden ein musikalisches Kollektiv gründet, kann schon mal so was rauskommen wie ANIMAL COLLECTIVE, dessen Neben- und inzwischen immer gleichwertiger erscheinende Schauplatz PANDA BEAR aka Noah Lennox ist. So wie bei seiner Hauptband wirkt sein Puzzle aus transzendentalem Folk und flirrender Elektronika neuerdings mehr denn je wie aus einem Guss. Ergänzt wird das Ganze durch feine, leicht ironisch wirkende, vertrackte Samples, ein paar interessante Stör- sowie Tiergeräusche sowie “Wo hab ich das schon mal gehört?”-Momenten. Das passende Wort “transzendental” hab ich gegoogelt, damit ich nicht so etwas bringe wie Shelley Duval in dem Woody-Allen-Film “Annie Hall”, wo sie behauptet, der Folk-Musiker auf der Bühne (sehr wahrscheinlich ist damit Bob Dylan gemeint) sei “transblendend”.
“Panda Bear meets the Grim Reaper” klingt leichter hörbar als die vorhergegangen Alben des Projekts. Die geloopten Beats würden bei entsprechend übergebratener Mixtur sogar den ein oder anderen Club-Hit erlauben. Das Wort “überbraten” klingt hier allerdings deutlich zu hart. Sagen wir mal “hineinchillen”. Denn chillen scheint ein wichtiges Thema der schönen Musik zu sein, auch weil sie häufig mit einem sonnigen Spätsommertag verglichen wird.
Tatsächlich wirkt sie ein bisschen so, als würde man gerade ziemlich verorgelt in einer Hängematte liegen und durch einen Baum hindurch schauen, wo sich das Licht bricht und die ersten Blätter langsam bunt werden, wobei Allerheiligen und dieser ganze verdüsternde Quark noch wirklich weit weg zu sein scheint.
Der leicht durchgeknallte Faktor ist bei PANDA BEAR nicht abhanden gekommen, allerdings wirkt das neue Album etwas gebündelter als die vorherigen Scheiben. Ob es auch daran liegt, dass die Stimme von Noah mehr im Mittelpunkt steht als zuvor? Was beibehalten wurde, ist die fehlende Dramaturgie in den Songs, wodurch diese manchmal einen Tick zu repetiv klingen. Ausnahmen gibt es allerdings so einige. Das nach einem Lissaboner Park benannte “Principle real” gefällt von vorne bis hinten, nicht zuletzt wegen der textlichen Beschreibungen, und das vorher bereits mit Lorbeeren überschüttete und auf einer EP erschienene “Mr. Noah” überzeugt auf ganzer Länge mit etwas schrägen und nervösen Sounds. Auch wunderbar geworden ist das hallige und etwas jodelnde “Boys Latin”. Interessant: “Tropic of cancer” thematisiert den Tod von Lennox´Vater und bedient sich bei Tschaikowsky´s Nussknacker-Suite.
Ein kleiner Wermutstropfen: das ehemals Neue und Aufregende von PANDA BEAR ist etwas berechenbar geworden. Die frühere Freigeistigkeit nimmt so langsam Platz im Ohrensessel. Es wäre schade, wenn diese Musik in naher Zukunft als “etabliert” gilt – wobei dieses Schicksal bei einst neuen Klängen wie Punk und Techno ebenfalls auftrat, und das haben wir auch überlebt.
Wie es auch kommen mag: “Panda Bear meet the Grim Reaper” ist eine freudige, bunte und unterhaltsame Erfahrung, die das noch frische Jahr 2015 versüsst.