Nun, zurückschauend auf das Gehörte, bleibt mir nur noch anzumerken, dass Nico einen großen Schritt vorwärts gemacht hat mit dieser Platte, als Komponist, Arrangeur und Musiker.
Nico Rivers aus Boston, Massachusetts, USA, hat bisher 3 EPs veröffentlicht, offiziell sind es zwei an der Zahl, “To The Bone“ (2012), “Say Hello!“ (2014). Die schon lange angekündigte Platte in voller Spielzeitlänge ist nun endlich da, betitelt "Tiny Death". Unterstützt wird er von der Band The Black Grass
Mit dem großen Bruder als Vorbild, wechselte der Musiker einst vom Saxofon zur E-Gitarre, denn sein Metier war Hard Rock, gespielt mit der ersten Band, mit Namen “Pine Mountain Casket“. Doch im Laufe der Zeit gab es einen Stilwandel, hin zum Singer/Songwriter-Genre. Live tritt Nico auch als One-Man-Band auf.
Bereits auf den EPs deutete sich die Wandelbarkeit des Musikers an. “To The Bone“ profitierte hauptsächlich von der überwiegend akustisch geprägten Atmosphäre, in etwa so, wie man ihn in der Regel auch live antrifft, wenn er solo unterwegs ist. Auch die Fähigkeit, Songs mit Hitcharakter zu schreiben, offenbarte sich bereits, “Oildrips“ war einer solcher Titel. Dieses setzte sich auf “Say Hello!“ fort. Allerdings wurde Nico damals von einer Band begleitet, Musik, die eine andere Seite zeigte. So richtig satt und saftig waren die Arrangements teilweise gestaltet. Seinerzeit hatte ich festgestellt, dass mich der Mann stark an einen großartigen Songwriter der Musikgeschichte erinnerte, an Jules Shear.
Und nun hat seine Musik erneut eine Veränderung und auch Erweiterung erfahren. Die selbst geschriebenen Songs sind sehr sorgfältig arrangiert worden und werden sehr abwechslungsreich, innerhalb eines jeden Stückes, vorgetragen. Hier kommt garantiert keine Hörlangeweile auf, man muss sich jedoch auch Zeit nehmen, um in die Atmosphäre einzutauchen. Diese Musik ist nicht oberflächlich. Aus dem Pressetext ist zu entnehmen, dass Nico ein Faible für Astronomie und Astrophysik hat. So schreibt er: “Die einzige Konstante des Universums ist der Wandel. Alles was war und alles was ist, wird eines Tages etwas anderes sein.“ "Tiny Death" beschäftigt sich mit diesem Thema, mit Existenz, dem Universum und den Zyklen der Natur.
“Tidal Wave“ eröffnet das Album , mit seiner typischen Stimme im vorwiegend hohem Register, einer Stimme mit hohem Wiedererkennungswert, dazu eine dezent swingende Atmosphäre, bevor etwa nach eineinhalb Minuten Rock die Oberhand gewinnt und scheinbar bereits offenbar Zeichen gesetzt werden, die auch in des Interpreten Vergangenheit zielt. Allerdings treibt “Devil’s Boots“ bereits in eine andere Richtung, mit zarten Untertönen und den Sound abrundenden Keyboard-Klängen, allerdings dann wieder eine erneute Unterbrechung und es rockt erneut wie im Galopp, ja, ein ganz dezenter Hauch von Country hat sich hier wohl eingeschlichen. Aber so zieht es sich eigentlich durch die ganze Platte, man kann die Musik nicht eindeutig zuordnen, es ist nicht nur Rock, denn Spuren von Folk, Country oder anderen Roots haben sich zusammengefunden, dass man insofern getrost in den großen Topf Americana packen könnte.
So scheint man auf eine Ansammlung der musikalischen Geschichte des Protagonisten zu stoßen, harter Rock trifft auf folkig inspirierte Songs mit Fiddle (“All The Same“), und das Singer/Songwriter-Herz lacht dann auf “Misty Nebraska“, ja, und durch diesen Nebel in Nebraska schimmert der Sound von Simon & Garfunkel durch, Nico wird einfühlsam von Emily Graham-Handley als Gesangspartnerin unterstützt, dieser Song ist sehr melancholisch-schön und wunderbar harmonisch. Zwei frühere Songs werden neu interpretiert, das sind “Backroads“ und das bereits eingangs erwähnte “Oildrips“, das sich erneut als Songs für Charts und Radio-Airplay anbietet, Moderatoren – macht die Ohren weit auf!
Nun, zurückschauend auf das Gehörte, bleibt mir nur noch anzumerken, dass Nico einen großen Schritt vorwärts gemacht hat mit dieser Platte, als Komponist, Arrangeur und Musiker. Mit dem erneut im folkigen Genre angesiedelten “The Wheel“ werden wir aus dieser sehr unterhaltsamen und abwechslungsreichen Veröffentlichung verabschiedet. Mittels des Einsatzes von Streichern und dem akustischen Bass ist noch einmal ein wunderschönes Lied gelungen, und ich denke, diese Entwicklung sollte sich auch darauf auswirken, dass sich der Künstler aus Boston damit seinen Ruf als ein zu beachtender Musiker festigen sollte.