Unglaublich lohnenswerte Vinylpremiere zum 15. Geburtstag von SPIRIT
Das Vorurteil, dass Castingstars aus dem Fernsehen keinen Bestand haben, wird durch Leona Lewis widerlegt. Von Anfang an wird die Gewinnerin der britischen Castingshow „The X Factor“ gut produziert und nicht bloß verheizt. Lewis‘ Hitsingle BLEEDING LOVE, die mittlerweile als moderner Klassiker aus dem Jahr 2007 gilt, schreibt Ryan Tedder von OneRepublic (APOLOGIZE, COUNTING STARS). A MOMENT LIKE THIS, eine Coverversion der Siegersingle von „American Idol“-Gewinnerin Kelly Clarkson (welche wiederum ebenso gut als Beispiel für bewährte Castingstars herhalten kann), soll Leona Lewis‘ stimmlichen Umfang wohl im Bereich von Mariah Carey einordnen. Das Arrangement von A MOMENT LIKE THIS klingt nämlich wie ein pianolastiges Überbleibsel aus Careys MUSIC BOX-Zeiten von 1993, als sie sich noch von Walter Afanasieff produzieren lassen hat. Die Hitmacher Max Martin und Dr. Luke hingegen beteiligen sich an SPIRIT, indem sie Lewis die Ballade I WILL BE überlassen, die Avril Lavigne kurz zuvor für ihr drittes Album THE BEST DAMN THING eingesungen hat.
Kurzum: Alles glänzt auf Leona Lewis‘ Debütalbum von 2007. Auch 15 Jahre später kann man sich das Werk zu Gemüte führen, ohne peinlich berührt zu sein, was sich damals in den Charts getümmelt hat. SPIRIT von Leona Lewis zählt definitiv zu einem der besten Alben einer Sängerin, die ursprünglich durch eine TV-Sendung bekannt geworden ist.
Zum 15. Jahrestag hat Sony Music zuerst nur für den britischen Raum eine Premiere als goldfarbene Doppel-LP angekündigt, die wenige Monate später aber auch weltweit erhältlich ist. Die Wiederveröffentlichung erhält dabei das Cover der CD-Erstauflage, welche damals noch ohne die letzten vier Titel der D-Seite ausgekommen ist. Die hat es nämlich erst mit der CD-Neuauflage von 2008 und neuem Coverbild gegeben. Neben der das Hauptalbum unheimlich aufwertenden Hitballade RUN enthält diese Re-Issue (genauso wie die vorliegende Schallplatte) noch den schmissigen Radio-Mix von BETTER IN TIME statt der leicht entschleunigten originalen Albumversion.
Die einzigen Mankos der Vinylpremiere, wenn man sie wirklich als solche bezeichnen möchte, sind das nicht klappbare Cover und die ungefütterten, das Vinyl nicht wirklich schützenden Innenhüllen. JPC schafft jedoch Abhilfe gegen das letzte Problem, kann man sich ab einem bestimmten Bestellwert fünf gefütterte Innenhüllen gratis dazu bestellen. Zwei sind gleich für SPIRIT draufgegangen, weil die Pressqualität neben dem Klang erstaunlich gut ist und das Album somit bestens für die Ewigkeit gewappnet ist. Wer hätte gedacht, dass sich die Klangebenen von vielen Alben ab den Nullerjahren, als sich die Digitalisierung immer stärker verbreitet hat, SO gut voneinander separieren lassen, sodass sich das erhabene Gefühl einstellt, der Künstler würde tatsächlich im heimischen Wohnzimmer stehen und dort seine Lieder einsingen? Nebenbei sind alle Fotos und Grafiken des ehemaligen CD-Booklets für das Cover und die bedruckten Inner-Sleeves dermaßen hoch aufgelöst anzuschauen, dass man denken könnte, SPIRIT wäre immer für das analoge Medium der Schallplatte bestimmt gewesen. Im Endeffekt ist das Album genau das. Gut, golden schaut wieder einmal eher nach ockerfarben aus, aber geschenkt: SPIRIT von Leona Lewis sollte jeder Hörer gut gemachter Popmusik der Neuzeit in seiner Plattensammlung haben - fünf Sterne.