Das Ende...Teil 1...der Longsong rettet manches
Die BMG-Neueditionen, von Andy Pearce vortrefflich remastert, sind nun bei den letzten Alben vor der ersten ELP-Trennung Ende 1978 angelangt. Nach den phänomenalen Höhepunkten mit BRAIN SALAD SURGERY und dem Triple-Live-Album wurden die zwischenmenschlichen Probleme so stark, dass es über drei Jahre dauerte, bis mit dem Doppelalbum WORKS 1977 ein weiteres Lebenszeichen erschien. Und schon die Aufteilung sprach Bände. Jeder hatte in der Zwischenzeit Solostücke produziert. So kam man überein, dass hierfür jeder eine LP-Seite eingeräumt bekam, sich das Trio nur auf LP-Seite 4 gemeinsam präsentiert. Keith Emerson wollte endlich Anerkennung als „ernsthafter Komponist“ und versuchte sich an einem klassischen Klavierkonzert, welches klanglich zwischen Bernstein, Ginastera, Spätromantik und Jazz pendelte. Emersons Klavierkadenzen und manche Wendungen zeugen aber von der Rock- und Jazzherkunft, so dass ein durchaus interessanter Stil-Zwitter entstand, dessen dritter Satz am spannendsten gelang. Das die drei Sätze auf der CD nicht skipbar sind, ist ärgerlich. Die fünf Songs von Greg Lake in Zusammenarbeit mit Texter Peter Sinfield schließen sich nun auf der ersten CD an. Hier erklingen meist eingängig-melancholischen Songs, auch mit dramatischen Wendungen („Hallowed Be Thy Name“) und gelungene Texten, die durch die Orchesterbegleitung durchaus auch einmal in schmalzige Gefilde abdriften (z.B. „Closer To Believing“). Mit „C’est La Vie“ findet sich hier auch ein echter Balladen-Klassiker wieder. Carl Palmer überraschte seinerzeit mit seinen sechs breit gefächerten Beiträgen am meisten. Neben zwei Klassikadaptionen, einer druckvollen Prokofiev-Bearbeitung, sowie einer fragilen Bach-Invention, konnte er in knackigen Rock- und fetzigen Rock-Jazz-Tracks seine furiose Technik ausspielen. Als Sahnehäubchen gab es eine orchestrale Neueinspielung von „Tank“ aus dem ersten ELP-Album. Die erste Trioaufnahme bringt mit Aaron Copelands „Fanfare For The Common Man“ einmal wieder eine Klassikbearbeitung Emersons. Im Mittelpunkt steht der damals brandneue Yamaha GX-1-Syntesizer, welcher ausgiebig solistisch gefeatured wurde. Das zweite gemeinsame Werk ist das abschließende, übergroß mit Orchester dimensionierte 13-minütige „Pirates“, die letzte Großtat des Trios. Hier gelang nochmals eine progressive Meisterleistung unter Einbeziehung des Orchesters der Pariser Oper. Die nachfolgende Tour mit eigens zusammengestellten Orchester und Chor entpuppte sich als finanzielles Fiasko. Daher und aus vertraglichen Gründen wurden Ende 1977 auf einer Einzel-LP weitere zwölf heterogene kurze Stücke zwischen Ragtime, Boogie, Mainstream-Rock, Rock-Jazz und Balladen aus den Jahren 1973-76 als WORKS Vol. II nachgeschoben. Mit den Highlights des Trios von 1970 – 1974 kann das Material nicht mithalten, heute hört man die meisten Songs aber durchaus mit Freude. Sehr erfreulich ist, dass die Doppel-CD mit 15 Stücken aus der größenwahnsinnigen 1977er-Livetour als WORKS LIVE aufgefüllt wurde. Hier finden sich auch ältere Stücke wie „Knife Edge“ oder Auszüge aus „Pictures…“ wieder. 1978 wurde dann mit LOVE BEACH die letzte Vertragsverpflichtung auf den Bahamas ausgebrannt erfüllt. Die erste LP-Seite bestand auf fünf dünnen Lake-Sinfield Kooperationen; die unsäglichen Texte sprechen dafür, dass die Herren „nur eines“ im Sinn hatten, Emersons kurze Rodrigo-Bearbeitung misslang. Die zweite LP-Seite füllte Emersons Suite „Memoirs Of An Officer And A Gentleman“, die an alte Longsong-Meisterwerke nicht mehr anschließen konnte, durch den starken Einsatz moderner Keyboards und des Klaviers (klasse!) auch eine veränderte Grundausstrahlung hatte und heute durchaus wieder hörbar ist. Angehängt sind acht nicht essenzielle Outtakes und Mixes. Neue Linernotes zu allen Alben hat Chris Welch verfasst.