Bob Dylan: The Basement Tapes Complete: The Bootleg Series Vol. 11 (Limited Deluxe Edition) auf 6 CDs

Die »Basement Tapes« von Bob Dylan – Geburtsstunde der Bootlegs

Es gibt Geschichten in der Musik, die unmittelbar zur Legende werden. Die »Basement Tapes« von Bob Dylan und The Band gehören eindeutig dazu. Mit »The Basement Tapes Complete: The Bootleg Series Vol. 11« sind zum ersten Mal alle Aufnahmen, die Dylan 1967 im Keller des so genannten ›Big Pink‹-Hauses mit The Band einspielte, vollständig zu hören. Nach fast 50 Jahren wird die Legende entmystifiziert: Es gibt sie wirklich, die zahlreichen Tracks aus dem Basement – für jedermann käuflich, legal auf CD.

Bob Dylan stieß bereits früh in den 1960ern Veränderungen und Umwälzungen in Musik und Kultur an. Mit den Alben »Bringing It All Back Home«, »Highway 61 Revisited«, »Blonde On Blonde«, der Single »Like A Rolling Stone« und seinen Auftritten schrieb er dann binnen weniger Jahre Geschichte als der Erneuerer der populären Musik in den USA. Und er polarisierte: Kritiker, Fans und die Folk-Szene. Eine abrupte Unterbrechung seines Tuns war der Motorradunfall im Juli 1966. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, wie schwer der Unfall wirklich war. Für Dylan war es ein Anlass, sich aus dem stressigen Leben eine Zeit lang zurückzuziehen. Im Sommer 1967 war er wieder fit genug, um Musik zu machen.

Die »Basement Tapes«, die Dylan mit Robbie Robertson, Rick Danko, Richard Manuel, Garth Hudson und Levon Helm im Keller von ›Big Pink‹ im kleinen Ort West Saugerties im Staat New York aufnahm, waren Traditionals, Coverversionen und viele neue Dylan-Songs wie beispielsweise »I Shall Be Released«, »The Mighty Quinn«, »This Wheel’s On Fire« und »You Ain’t Going Nowhere«.

Während Dylans Rekonvaleszenz und Rückzug hielten sich vielfältige Gerüchte. Er wurde von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Es kursierten sehr bald Azetate der »Basement Tapes«, die die Neugier weiter schürten. Die »Basement Tapes« von Bob Dylan sind überhaupt das erste Beispiel für Bootlegs, also für nicht autorisierte Tonträger, die unter Fans gehandelt werden. Im Juni 1968 waren die Tapes Titelgeschichte in der zwölften Ausgabe des Rolling Stone. Der Druck, vor dem Dylan nach dem Unfall geflüchtet war, baute sich erneut auf: Label und Fans wollten wissen, was im Keller entstanden war. Mit »Great White Wonder« tauchte 1969 ein erstes Bootleg-Doppelalbum mit einigen Tracks der Sessions in Plattenläden auf.

Erst sieben Jahre später, 1975, veröffentlichte Columbia Records auf dem Doppelalbum »The Basement Tapes« eine offizielle Auswahl von 16 Songs der Sessions, darunter acht neue Stücke von The Band ohne Dylan. Diese Fassung der »Basement Tapes« war kommerziell erfolgreich und begeisterte die Kritik. Fans waren diese Versionen der Songs jedoch zu verfälscht. Die eigentlichen »Basement Tapes« bleiben bis heute ein wohl gehütetes Geheimnis und der Heilige Gral aller Dylanologen. Denn die Frage, was denn nun wirklich auf den bislang nicht veröffentlichten Aufnahmen zu hören ist, wird erst am 31. Oktober 2014 eine definitive akustische Antwort finden.

Neben sämtlichen verwertbaren Takes aus dem Keller von ›Big Pink‹ wird die Komplett-Edition (138 Tracks) auch Material von frühen Tonbändern enthalten, die Dylan im ›Red Room‹ seines Hauses einspielte. Ein erheblicher Teil der Stücke wurde nun erstmalig digital bearbeitet. Ziel war es, den Klang möglichst nah auf das zurückzuführen, was Bob Dylan und The Band 1967 beim Spielen hörten. Die Raw-Editionen (38 Tracks) enthalten einen Querschnitt mit Highlights der Komplettausgabe.

Was ist drauf?
Das Tracklisting auf »The Basement Tapes Complete: The Bootleg Series Vol. 11« folgt der chronologischen Nummerierung, mit der Garth Hudson die Bänder damals systematisierte. Auf der letzten CD sind unvollständige oder schlecht aufgenommene Tracks dabei. Bis auf stark verzerrte Stücke sind wirklich alle Tracks der »Basement Tapes« in die vollständige Ausgabe aufgenommen worden: Complete meint hier wirklich vollständig, denn den Machern und dem Stab von Bob Dylan war klar, dass sich die Fans sich nicht mit weniger zufrieden geben werden.

Was ist neu?
Zu den bisher unbekannten Stücken gehört das apokalyptisch-rockige »Wild Wolf« und ein früher Entwurf von »I Shall Be Released« mit einem leicht abweichenden Text. Außerdem eine Coverversion des Klassikers »My Bucket’s Got A Hole In It« von Hank Williams von 1949 und Country-Fassungen von »Blowin’ in the Wind«, »It Ain’t Me Babe« und »One Too Many Mornings«. Der Musiker und Schriftsteller Sid Griffin, der den Text für das Booklet von »The Basement Tapes Complete: The Bootleg Series Vol. 11« schrieb, findet allein mit diesen Stücken den jahrzehntelangen Hype und Mythos um die »Basement Tapes« gerechtfertigt.

Erstmals sind auf »The Basement Tapes Complete: The Bootleg Series Vol. 11« Dylan-Originale, die bisher nur auf schlecht klingenden Bootlegs zu haben waren, im Original zu hören, z. B. »Sign on the Cross«, »Bourbon Street«, »I’m Your Teenage Prayer« und »See You Later Allen Ginsberg«. Auf den Tapes bewegen sich Dylan und The Band nahtlos von Country zu Calypso zu Jazz zu Folk zu Rock und schweifen selbst in die spanische Musik ab. Für den ehemaligen Rolling-Stone-Redakteur Greil Marcus, der ein Buch über die »Basement Tapes« schrieb, gewinnen die vollständigen Tapes damit den Wert einer klingenden Anthologie der amerikanischen Folk Music, eingespielt von nur sechs Leuten.

Fazit: »The Basement Tapes Complete: The Bootleg Series Vol. 11« lüften eines der letzten Geheimnisse der populären Musik. Nie waren Bootlegs so legal in so überragender Qualität zu haben.

Complete Edition

• Remastering von den Original-Bändern
• 138 Songs auf 6 CDs in großformatiger Box
• Hardcover-Buch, 120 Seiten
• rare und zum Teil unbekannte Fotos
• ausführliche Begleittexte.

Rezensionen

»›The Basement Tapes‹ gelten als die Geburtsstunde der Alternative- Country- und Americana-Bewegung. Lange schlummerten die ungeschliffenen Goldnuggets in der verstaubten Kiste, mit dieser Box ist der Schatz nun endlich in seiner ganzen rauen Schönheit gehoben.« (Good Times, Dezember 2014 / Januar 2015)