Trip de Cologne mit DOMINIK VON SENGER
Die Kölner Musikszene war schon immer extrem bunt, offen, und teilweise sogar freundschaftlich verbunden, quer durch die Genres. Volksmusik, Karneval, E-Avantgarde von Stockhausen, Kagel und Co., Jazz-Highlights aus den Rundfunk-Studios und dem Stadtgarten, Crossover-Experimentelles von Can, Rock in Mundart von Bap, Punk von Zeltinger, später, in den 90ern und 00ern die neue Elektro-Szene aus dem Liquid-Sky-Umfeld. Ab 1980, gab es eine sehr eigenwillige, jammige, crossover Szene, um das damals besetzte Fabrikgebäude Stollwerck in der Kölner Südstadt, das später als selbstverwaltetes Kulturzentrum noch sieben Jahre existierte. In dieser Zeit wirkten u.a. die Formationen Dunkelziffer, Damo Suzuki Band und Phantom Band, mit Musikern aus dem Can-Umfeld, insbesondere Drummer Jaki Liebezeit und Vokalist Damo Suzuki, in der alternativen Kölner Musikszene. Zur Phantom Band gehörten der spätere Harald-Schmidt-Show-Keyboarder und Komponist Helmut Zerlett, Perkussionist Olek Gelba, der frühere Traffic-Bassist Rosko Gee und der Gitarrist Dominik von Senger. Der hatte bereits 1983 mit ,The First‘ ein Solo-Album am Start, ,The Second‘ folgte kurz darauf (1995 ;-), in der Zwischenzeit war Dominik auch mal bei Wolfgang Niedecken & Complizen zu hören, in der Jango Edwards Roadshow, bei The Ya-Ya's oder auf dem legendären Crossover-Hit ,Masimba Bele‘ von The Unknown Cases, bis heute mit Drums Off Chaos ... und immer pendelnd zwischen Avantgarde-Rock, Reggae-Grooves, Dub-Sounds, SloMo-Afro-Rock-Feel, Projekten, Performances und skurrilen Happenings. Ich werde nie das Dunkelziffel-Konzert im Stollwerck vergessen, bei dem man Dominik eine Stunde lang nicht hörte, wie er mit zugedrehtem Volume-Poti Akkorde schrammelte; bis er dann plötzlich die Gitarre aufriss und das beste Clapton-Solo aller Zeiten hinlegte, um anschließend wieder in der Unhörbarkeit zu verschwinden. 20 Sekunden extrem nachhaltige Qualitätsarbeit. Für eigenwillige Überraschungen ist dieser Musiker bis heute gut. Jetzt hat er aus altem Material zwei schräge musikalische Hörspiele (so nenne ich das jetzt mal) komponiert, die wirklich grandiose Trips ohne gesundheitliche Nebenwirkungen sind. Neben Gitarrist, Sprecher und Gelegenheits-Keyboarder von Senger sind auf den 18 bzw. 17:30 min langen LP Seiten noch u.a. Jaki Liebezeit (dr), Jacky Horn (kb), Olek Gelba (perc), Reebop Kwaku Baah (perc/voc), Richard Schneider (sax) und Helmut Zerlett (kb) zu erleben. Das Album hört sich an, als würde man durch ein großes Haus mit ganz vielen Ateliers und Proberäumen laufen, um an jeder Ecke, jede neue Minute von neuen Eindrücken umgehauen zu werden. Das ist schon eine beachtliche Produktion, die Dominik von Senger hier gelungen ist – und die zeigt, dass das extrem spannende Kunstleben vor der Digitalisierung vor allem weniger formatiert und schubladisiert daherkam. Alles ging – und alles geht. Kunst kommt von machen. Und nur von Machern.