Künstlerisch 5 Sterne, technisch 2 Sterne = 3,5
Das Abschiedskonzert von Saga-Sänger Michael Sadler – das sollte einen emotional aufgeladenen Abend versprechen. So kommt es denn auch, obwohl es auf der DVD nicht so ganz rüberkommt. Was man aber zu sehen bekommt: etwa die vielen Zettel der Fans vor dem Zugabenteil („Bye“, „Michael“) sowie die mitfühlenden Fan-Gesänge des „You’re Not Alone“-Refrains. Natürlich ist auch die ganze Prozession mit den Blumensträußen auf der Bühne mit auf der DVD enthalten – das muss so sein!
Musikalisch gibt es die SAGA-Vollbedienung, eine schöne Setlist mit natürlich vielen Songs der ersten fünf Alben. Interessanterweise fügen sich die neueren Stücke stilistisch nahtlos in dieses Gesamtgefüge ein, ob nun rockige Songs wie „That’s As Far As I’ll Go“ oder die einfühlsame und nie kitschige Ballade „I’m OK“. Wie zeitlos der Saga-Sound klingt, merkt man zum Beispiel an „Careful Where You Step“, einem meiner "all-time-faves" der Band: Der Song hätte auch anno 2009 entstanden sein können. Erstaunlich auch die Gesangsstimme von Sadler. Nicht nur hat sie sich in 30 Jahren kaum verändert, auch von der Power bringt Sadler noch fast die vollen 100 Prozent. Witzig auch viele Ansagen, teils im Mix aus Englisch und Deutsch. Die Band spielte nach Ende des regulären Sets dann noch drei Zugaben, bevor endgültig „Schluss“ war.
Minuspunkt ist die Bildqualität (z.B. im Vergleich zur Redemption-DVD). Problematisch dürfte sicher das häufig zu dunklen Tönen tendierende Licht auf der Bühne gewesen zu sein, mit dem die Kameras wohl nicht so gut fertig wurden. Es ist klar, dass starkes Licht in blau, rot oder violett Konturen überstrahlen kann, aber da hätte die Auflösung vermutlich einfach höher sein müssen. Gut zu erkennen übrigens an Michael Sadlers gestreiftem Hemd. Fällt darauf weißes Licht, ist die Qualität gleich besser... (Da fragt man sich, ob in HD gefilmt wurde. Und warum lediglich und nur NTSC? (Dieser Standard ist bekanntermaßen schlechter als PAL.) Gut, das mag eventuell Kostengründe gehabt haben.
Gut und abwechslungsreich ist dagegen die Bildregie, wobei auch das Publikum einbezogen wurde. Doch die Mitsing-Parts kommen zu leise rüber. Hier hätte die Tonregie mit Hallenmikros noch mehr Stimmung einfangen können. Die Musiker werden größtenteils gleichberechtigt gezeigt, natürlich aber mit dem Schwerpunkt auf Keyboarder Jim Gilmour sowie Gitarrist Ian Crichton und natürlich Sadler. Etwas stiefmütterlich wird meinem Befinden nach Bassist/Keyboarder Jim Crichton behandelt. Den guten Mann hätte man durchaus etwas öfter zeigen dürfen !!
Auch an der Klangqualität dürften sich wohl manche Geister scheiden. Ich habe die DVD in Stereo gehört, da kein 5.1-Setup vorhanden ist. Hier kann man das Urteil „noch okay“ treffen; dem Sound fehlt meiner Meinung nach an Transparenz und Brillanz. Mir persönlich kam die „Revisited“-DVD zu "World's Apart" besser vor. Hier hätte Band/Label doch deutlich mehr Wert auf die Qualität von Aufnahme und Abmischung des Bühnensounds legen sollen. Da es sich jedoch um Sadlers Abschiedskonzert handelt, wird das (wie die Bildqualität) aber sicher nicht ausschlaggebend für die Anschaffung sein.
Bonus-Material: Die „B-Roll“ ist überaus anhörens- und sehenswert, eine kleine Toronto-Stadttour mit Jim Gilmour, der alle wichtigen Clubs und andere Orte der 70er und 80er vorstellt und alles mit reichlichen netten und interessanten Anekdoten würzt. Nachteil wie oft – keinerlei deutsche Untertitel !! Die Produzenten von Musik-DVDs leben offenbar – im Vergleich zum Kinomarkt – noch hinter dem Mond. Oder liegt auch das wieder am Budget? (Ausnahmen gibt es, zum Beispiel die sehr gut gemachten Konzert-DVDs von Klaus Schulze.) Okay ist auch die Fotogalerie. Weiteres Juwel: die „Underground TV“-Aufnahme vom Mannheim-Gig. Hier müssen zwar Abstriche an der Klangqualität gemacht werden (vermutlich Hallen-Mischpult-Mitschnitt), man kann sich den Mitschnitt aber wirklich gut anhören. Und die Bildqualität kann sich wirklich sehen lassen ! Kommt mir teils besser als beim Hauptkonzert vor. Schön zudem – man sieht mehr vom Bassisten! Insgesamt sehr gutes Bonusmaterial. Allenfalls ein persönliches Interview mit Michael Sadler hätte dem Ganzen noch das berühmte i-Tüpfelchen aufgesetzt.
Eigentlich wären für Musik, Performance, Extras und den Anlaß durchaus FÜNF Sterne zu vergeben gewesen, aufgrund aber der leichten Mängel, was mich wirklich nicht zufriedenstellt, gibt es ein wenig Abzug. Also nicht missverstehen. Alles in allem handelt es sich für Progfans wie für Saga-Fans um ein ganz besonders schönes (und vielleicht auch wichtiges) Live-Dokument - und deshalb, trotz der Abstriche m.E. zu empfehlen - mit einem sichtlich tief gerührten Michael Sadler.