Das Leben "umarmen"
Wenn Freude am Singen hörbar ist, dann sicherlich bei Isabelle Aubret. Charakteristisch sind die Klarheit und Frische ihres Gesanges, die Zartheit und zugleich kraftvolle Intensität ihrer Stimme, die immer Lebensbejahung und Zuversicht auszustrahlen scheint. Sie hat sich diese Einstellung bewahren können, obwohl oder vielleicht gerade weil sie schon in den Anfängen ihrer Karriere gesundheitlich "ausgebremst" worden war. (Ein Autounfall verhinderte etwa, dass sie die ihr zugesagte Hauptrolle in Jacques Demys - 1964 in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnetem - Musical-Film "Die Regenschirme von Cherbourg" übernehmen konnte, mit der dann immerhin Catherine Deneuve ihren schauspielerischen Durchbruch hatte.) Dass Isabelle Aubret gerade mit diesen Qualitäten den Zuhörer anzusprechen versteht, lässt sich exemplarisch an einem so bekannten, genau zu ihr passenden emotionalen Titel wie "C'est beau la vie" nachvollziehen. Wie sie einmal geäußert hat, wollte sie aber schon früher nie aufgrund der romantischen Chansons, die sie gesungen hat, ausschließlich auf das Image des "lieblichen blonden Mädchens" festgelegt werden. Denn sie hat sich - seit inzwischen über 50 Jahren - insbesondere auch als Interpretin von anspruchsvollen Chansons der mit ihr befreundeten sozialkritisch engagierten Chanson-Größen Jean Ferrat und Jacques Brel einen Namen gemacht. Zu den bis heute (insgesamt 72!) eingespielten Ferrat-Chansons zählen ebenso von ihm vertonte Gedichte des auch von Isabelle Aubret sehr geschätzten Louis Aragon. Im selben Jahr (1962), als sie Ferrat begegnet, der sie mit auf Tournee nimmt und ihr den - auch ersten gemeinsamen - Erfolgstitel "Deux enfants au soleil" schreibt, gewinnt sie den Eurovision Song Contest mit "Un premier amour" und damit mehr an internationaler Aufmerksamkeit. Brel, mit dem sie ebenfalls viel arbeitet, überträgt ihr sogar die lebenslangen Rechte an seinem Lied "La Fanette". Auf der 2009 erschienenen Kompilation "Ses plus belles chansons" finden sich unter den 24 ausgewählten, aus den Jahren 1973 bis 1995 datierenden Aufnahmen und manchen sogar erst aus 2009 stammenden Re-Recordings selbstverständlich auch die unverzichtbaren Titel von Ferrat und Brel. Somit ist auch die Möglichkeit der Wiederbegegnung mit den beiden Chansonniers gegeben - auf humorvollen Foto-Abbildungen im Booklet und darüber hinaus präsent durch Isabelle Aubrets Gesang, über die sich - wovon man sich hier nur überzeugen kann - in Abwandlung eines Titels von Ferrat sagen lässt: "Elle ne chante pas pour passer le temps"!