"Starke Stimme"
Die Zeit, als beim Eurovision Song Contest vor allem die gesangliche Leistung der Teilnehmer im Vordergrund stand und die Frage nach einer möglichst spektakulären Showeinlage noch nicht angedacht schien, war die richtige Zeit für Frida Boccara. Sie konnte 1969 mit ihrer stimmlichen Präsenz überzeugen und so als eine der Gewinnerinnen aus diesem internationalen Wettbewerb hervorgehen. Bereits bei ihrem damaligen Auftritt vermittelte sich die beeindruckende Intensität, mit der Frida Boccara singen konnte. Ihr Gesang hatte das, was man am ehesten mit den inzwischen vielleicht strapazierten und etwas aus der Mode gekommenen Begriffen Wahrhaftigkeit und Authentizität benennen könnte. Er schien immer aus vollem Herzen zu kommen, was man allein schon ihrer Stimme anzuhören meint, die von großer Strahlkraft war und ein angenehm warmes Timbre hatte. Bei Frida Boccara war sie im besten Sinne Instrument. Man kann sich vorstellen, dass sie damit, auch aufgrund ihres Stimmvolumens und -umfangs, wahrscheinlich nahezu jedes, selbst das einfachste Lied (noch) "veredeln" konnte. Chanson-Größen wie Brassens oder Brel waren auf die talentierte Sängerin aufmerksam geworden, ermutigten sie am Anfang ihrer Karriere. Und so gehört das von Frida Boccara gesungene "Ne me quitte pas" wohl auch zu den schönsten Interpretationen des unsterblichen Chanson-"Klassikers" von Brel. Eine ihrer Versionen befindet sich auf der vorliegenden CD-Kompilation, die unter dem Titel "Frida Boccara" bald nach ihrem frühen Tod (1996) wieder aufgelegt wurde und die Bandbreite ihres Repertoires widerspiegelt. Am eindrücklichsten sind dabei sicherlich die Titel, die ihrer emotionalen Ausdrucksfähigkeit besonders entgegenkamen, kraftvoll, emphatisch, zugleich empfindsam, hymnisch, auch melodramatisch waren: beispielhaft der Erfolgstitel "Les moulins de mon coeur" von Michel Legrand, der Filmsong "Venise va mourir", der siegreiche Grand Prix-Beitrag "Un jour un enfant", "Belle du Luxembourg" und vor allem "L'Île nue". (Als Haupttexter für Frida Boccara fungierte übrigens Eddy Marnay, der unter anderem auch für die Piaf geschrieben hatte.) Spürbar ist die Affinität zu klassischer Musik, genauer: die Tatsache, dass Frida Boccara nach ihrem Baccalauréat begonnen hatte, sich in klassischer Musik und Operngesang ausbilden zu lassen. Nicht verwunderlich also, auch Titel von ihr auf der Basis der Klassik zu hören. Nicht zuletzt gibt es noch Beispiele aus den Bereichen Folk, Musical und Jazz (frühe Teilnahme an Jazz-Festivals).
Wer gerne mal Musik hört, die großen Gefühlen Raum gibt, und dabei auch etwas Nostalgie nicht abgeneigt ist, kann hier fündig werden!