Da Wahnsinn, Donerl - jötz hams di dabröselt !
Anton Bruckners gezählte neun Sinfonien auf einen Streich auf einer CD? Nein, nicht wirklich ... Aber Anklänge, die acht Arrangeure auf ganz unterschiedliche Weise für Bigband verwendet haben. Von "sinnfreier" Improvisation bis zum transformierten Ausschnitt ist da manches zu finden:
Sinfonie Nr.1 - Das Hauptthema, schön schräg und kratzig samt verzerrter E-Gitarre gespielt... So fängts an, im weiteren Verlauf finde ich das originale "kecke Beserl", so hatte Bruckner seine Erste genannt, aber irgendwie moderner ... :-) ... irgendwann kommt man wieder aus dem Improvisieren raus und schnappt sich das Trio des Scherzos und findet mit diesem einen strukturierten Schluss.
Sinfonie Nr.2 (?) - eine Improvisation und somit auch ehrlich, wenngleich ich den Bezug zur zweiten Bruckner nicht so recht finden kann - so bis gegen Ende, wo dann doch ein paar Anklänge auftauchen ...
Sinfonie Nr.3 - Ein Fragment des Hauptthemas als Intro für eine freie Improvisation mit fade out... Ebenso wie bei der Zweiten für mich nicht allzu verbunden mit der Sinfonie...
Sinfonie Nr.4 - in Anlehnung an den Anfang in fremder Harmonie, ganz nett, mehr nicht ... danach gehts im dauernden grade/triolischen "daa daa da da da daa" weiter, mit Jesang, später wieder Bruckner im Bigbandsound. Sten Kenton hätte da wesentlich mehr draus gemacht ...
Sinfonie Nr.5 - nee, doch nicht ... is ja was aus dem Adagio der Sechsten ... oder? Da kann man schon mal ins schwimmen kommen :-) Hm - ist gefällig, aber es wabert ohne Ziel und Zweck... erinnert manchmal an das mystische Thema aus der TV-Serie "Raumschiff Enterprise", wenn die grüne Frau ihre Arme um Kaptain Kirks Hals legt oder so ...
Sinfonie Nr.6 - ja, jetzt wirklich mehr von der Sechsten... Das hat was... dieser Mahlersche Trauergesang aus dem Adagio, nach guten zwei Minuten schwenkt es in swingige Soli ab, die aber harmonisch und thematisch denoch bei Bruckner bleiben. die ganze Anfang hat zumindest Struktur, nach knapp fünfeinhalb Minuten der Anfang des Finales, nochmal Adagio, dann Anfang der Sinfonie, dann Verquickung, immer neue Elemente. Ist gut zu hören und in sich konsequent umgesetzt. Dennoch stellt sich mir immer wieder die Frage: Wozu das Ganze? Was ist das Neue oder Besondere, das daraus entsteht?
Sinfonie Nr.7 - Anfang des Scherzos: Es wird das Herumirren, die Steigerungen in Sequenzen, das harte Nebeneinanderstellen von Harmonieblöcken mit dem ostinaten anheizenden Rhythmus aufgegriffen. Dann aber plötzlich der Anfang des Adagios im Klavier. Schade, dass so eine Idee nicht konsquent durchgefühlt wird. So wirds doch wieder zu einem Potpourri, verflacht dann leider zuhörens ... Zumindest kommt man am Ende wieder zum Scherzo zurück.
Sinfonie Nr.8 - Anfang des Adagios: Ziemlich original in Harmonik. Ja - und die Überraschung: Bruckner ich doch schon viel jazziger als vieles willkürlich oder absichtsvoll dazu Gekleisterte in den anderen Arrangements! Für mich mit Abstand die beste Nummer der ganzen CD, die mit dem Dur-Schluss des Adagios endet. Danke für diese Einsicht, Michael Gibbs...
Sinfonie Nr.9 - das Seitenthema aus dem Adagio, mal mit einem rechten Ansatz der Verarbeitung. Auch hier blitzt auf, dass man daraus etwas machen könnte...
Insgesamt eine verschenkte Chance. Auch das Spiel der Band ist nicht grade von großem visionärem Feuer erfüllt - eher brav und bieder.
Wenn jedoch alle Nummern die Dichte von der Sechsten, die Konsequenz der Achten und vielleicht auch den Witz der Ersten oder den Ansatz der Strenge der Neunten gehabt hätten, hätte ich vier Sterne gegeben.