Eine Katastrophe
Sinatra war zweifelsohne einer der bedeutendsten und in seinem Fach (meiner Ansicht nach) sogar der beste Sänger des zwanzigsten Jahrhunderts. Er machte viele der Standards des Great American Songbook erst zu solchen. Sinatras Stimme war nicht nur intonationssicher und besaß eine immense Strahlkraft, sie klang auch in allen Lagen gleichbleibend fantastisch. Zudem war er Meister der Phrasierung, wohl niemand verstand es besser einen Text auszuspielen.
Das "Main Event" Album allerdings gehört zweifelsfrei zu den allerschwärzesten Flecken im enorm umfangreichen Katalog Sinatras. Jener war während der gesamten Main Event Tournee 1974 in extrem schlechter Verfassung, bei dem via Satellit ausgestrahlten Konzert im MSG (bei dem er seinen Auftritt für Werbespots unterbrechen musste, was nicht hilfreich gewesen sein dürfte) war die Form des Sängers dann sogar noch beklagenswerter als bei den restlichen Konzerten, sodass man für das Album auch auf andere Aufnahmen der Tournee zurückgreifen musste (einige Aufnahmen sind auch aus diversen Performances gesplicet) ... nur: mögen diese Tricks das Album auch besser gemacht haben, retten konnten sie es nicht. Sinatras Stimme ist glanzlos, aber vor allem kann er sie nicht mehr kontrollieren. Ständig bricht sie ihm weg, Töne werden häufig nicht getroffen, kaum einmal gehalten, es ist ein Debakel. Dass dieser Mann einstmals "The Voice" genannt wurde scheint hier unerklärlich, ja wie purer Zynismus. Dass das Album klanglich äußerst mäßig ist stört da kaum noch. Einzig das Orchester ist wirklich großartig, nur rettet das angesichts der jämmerlichen Form des ehemaligen Jahrhundertsängers eben auch nichts mehr.
Nicht nur gemessen an Sinatras eigenem (immens hohen) Standard ist das hier schlimmer Murks. Sinatra machte nach diesem (auch von ihm selbst so eingestuften) Debakel für Jahre keine Platten mehr. Nicht grundlos möchte man meinen.