Die Erbschaft Furtwänglers
In seiner Autobiographie "Neigt zu selbständigen Entschlüssen ... Ein Dirigentenleben" erzählt Carl August Bünte wie er 1942 in Berlin eine heute legendär gewordene Aufführung von Bruckners 5. Symphonie unter Wilhelm Furtwängler erleben durfte und wie dies, im Vergleich zu wenig ausdrucksvollen Interpretationen anderer Dirigenten, ihn prägte.
Diese Aufnahmen aus den Jahren 1956 (Beethoven) und 1961 (Brahms) zeigen wie der Geist des großen Dirigenten in Berlin gegenwärtig blieb. Die Intensität und vor allem das innere Leben der Interpretationen machen aus allzubekannten Werken wieder frische, präsente Gestalten, an denen man erneute Schönheiten entdeckt, wie im Andante con moto von Beethovens 5., wo plötzlich ein Leuchten aufkommt und die Musik zu sprechen scheint.
Fern jeglicher Routine, real wirkende Anteilnahme und Inspiration fordern die Aufmerksamkeit des Hörers. Es ist da ein Reichtum, das direkt an Furtwängler errinert, auch in der großen Schlüssigkeit des Ganzen, und dann sind es doch sehr unterschiedliche, persönliche wiedergaben, nur in ihrer Authentizität, ihrer Wahrhaftigkeit vergleichbar.
Selten schien das Allegro Giocoso in Brahms 4. im Werk so integriert und bedeutungsvoll wie hier, das Finale schreitet gezielt und bildet den Abschluss eines Meisterwerkes statt nur eine Variationenreihe zu sein.
Auf dieser CD sind Aufnahmen aus einer Zeit, in der man einen Dirigenten erkennen konnte, ohne daß er dafür in Exzentrizitäten sich verlieren mußte, sondern in dem er den Werken persönliche Tiefe vergab.
Die "historische" Klangqualität dieser Konzertmitschnitte bleibt bis auf eine Pegelschwankung im Finale von Beethovens 5. auf einem durchaus erfreulichen Niveau, auch wenn sie es mit Studioaufnahmen der Zeit nicht vergleichbar ist.