Knapp vorbei ist auch daneben
Wie kommt es, dass einstige Welterfolge, wenn sie über den deutschen Remake-Leisten geschlagen werden, plötzlich eng, spießig, bieder, brav und ungeschickt aussehen? Beispiel: diese Hotelhalle. Sie sollte elegant, groß, intim, gemütlich und weltoffen aussehen. Was hat Architekt Rolf Zehetbauer ins Atelier gestellt? Eine Art Bank-Schalterhalle, im Stil der fünfziger, in der alles auseinanderläuft, sich nichts Atmosphärisches ereignen kann. Hier soll sich ein Drama abspielen? Was haben die Autoren aus der Rolle des Kringelein gemacht? Vicki Baum wollte, dass er - todkrank - sein Erspartes ausgibt, um endlich einmal zu leben. Hier ist er der Buchhalter, der dem bulligen Chef (großartig: Gert Fröbe) klebrig auf die Pelle rückt. Rühmanns Kringelein darf nicht todkrank sein. Rühmann ist doch Komödiant! Wer nur den Versuch macht, den ersten Minuten des Films von 1931 zuzuschauen, sieht sofort, wie Atmosphäre entsteht, wie Charaktere vorgestellt werden, wie sich Dichte ereignet. Nichts davon in diesem Remake. O.W. Fischer als der betrügerische Baron, der zum widerlichen Erpresser wird - hat ihm der Regisseur nicht gesagt, dass es ganz abwechslungsreich sein könnte, mal die Zigarette aus dem Mund zu nehmen? „Ich lach über mich, weil ich zu erwachsen bin, um über mich zu weinen“. Der gebrochene (Film-)Schuft, dessen Darstellungsstil zur Masche geworden war. Von Michèle Morgan behauptet die DVD-Hülle, sie sei besser als die Garbo. Unglaublich! Wer jemals die Garbo als Grusinskaya durch die Hotelhalle hat schreiten sehen, der weiß, was Klasse ist. Garbo „ist“ die Diva, Morgan eher eine Madame, die eine Diva spielt. Ausserdem wird sie vorgeführt: als sie die Ballettschuhe anzieht, weiß jeder: so jemand tanzt nicht. Zu alt, zu schwer, zu unbeweglich. Wer hat sich das einfallen lassen? Zwiespältig die Fotografie von Göran Strindberg, der dieses klischeelastige Drama in steingraues Dunkel taucht. Was hätte ein Werner Krien dort herausgeholt! Der Produzent war's zufrieden, die Stars unter Vertrag zu haben. „Große“ Namen in einem kleinen Film.