Gefangen im eigenen Glück - kontrovers, toxisch und intensiv!
"Mein Mann" von Maud Ventura ist als gebundenes Buch mit Schutzumschlag bei Hoffmann und Campe erschienen und hat 282 Seiten.
Es geht hier um ein Ehepaar mit zwei Kindern, einer regelrechten Bilderbuchfamilie, beide Eheleute gehen einer geregelten Arbeit nach, die Kinder sind wohlerzogen und haben allerlei positive Eigenschaften, das Familienhaus befindet sich in einer guten Wohngegend.
Die Frau müsste die glücklichste Mensch auf der Welt sein, denn ihr Leben ist einfach perfekt und es ist sicher, dass ihr Mann sie liebt, wenn auch vermutlich nicht mit derselben, in meinen Augen schon krankhaften, Intensität, mit der sie ihn liebt. Und doch ist sie unglücklich und wird von ständigen Ängsten gequält - dass er sie nicht mehr lieben könnte, dass er fremdgeht und dergleichen mehr. Und dann vergleicht er sie beim Essen mit Freunden auch noch mit einer Clementine...
Die Protagonistin ist vollkommen gefangen in ihrem Streben nach Vollkommenheit und Perfektion, spielt ununterbrochen die eine oder andere Rolle und niemand kennt sie wirklich. Ob sie selbst noch weiß, wer sie eigentlich ist?
Sie will, nein sie muss alles wissen, was ihr Mann macht, kontrolliert ihn ständig - dabei hat sie selbst eine unbekannte Vergangenheit und nimmt sich Dinge heraus, die ihr Mann niemals tun dürfte - und das unter dem Deckmantel, es wirke sich positiv auf die Beziehung aus...
Ihre Maßstäbe für Perfektion bezieht sie aus Zeitschriften, von anderen Müttern, Suchmaschinen, Cocktailparties usw. - abstrus...
Bezeichnenderweise werden die Namen der Familie im gesamten Buch nicht genannt (lediglich die Nebenfiguren wie Freunde und Arbeitskollegen werden individuell benannt) - aber wohl nicht, weil es sich um jede durchschnittliche Familie handeln könnte - zumindest ich finde die obsessiven Gedanken und die manipulative, skurrile Verhaltensweise der Ehefrau alles Andere als normal...
Ich muss sagen, dass selten ein Buch auf mich dermaßen kontrovers gewirkt hat - ich habe unglaublich oft den Kopf geschüttelt über die Protagonistin und mir Notizen zu ihren seltsamen Empfindungen und Gedanken gemacht, zugleich hatte dieser Roman auf mich eine unglaubliche Sogwirkung und ich wollte immer wissen, wie es weitergeht, wann der große Knall kommt, ob mich der Plot überraschen kann - und ja, das hat er dann am Ende definitiv!
Die Autorin hat einen mitreißenden, detaillierten Schreibstil und hat ihre abstrus agierenden Hauptpersonen dermaßen seltsam, fast schon krankhaft anders, konstruiert, dass zumindest ich unabdinglich gebannt war, von der ersten bis zur letzten Seite.
Dies ist meiner Meinung nach ein Roman, den man entweder liebt oder hasst - also unbedingt lesen und es selbst herausfinden :)