Zu Herzen gehendes Meisterwerk
Hera Lind widmet sich seit einiger Zeit Schicksalen nach wahren Geschichten.
Nachdem mich zuletzt schon "Das einzige Kind" begeisterte, hat sie nunmehr mit "Zeit zu verzeihen" ein wahres Meisterwerk zu Papier gebracht, und u.a. mit der Hauptprotagonistin Rosa eine echte Heldenmutter geschaffen, aber auch die anderen handelnden, überwiegend Frauenschicksale sind extrem bewegend.
Dieser Roman spannt einen Bogen vom Ende der Nazidiktatur, verbunden mit Flucht, Vertreibung, Rache der Russen an der Bevölkerung, systematischen Vergewaltigungen, Ermordungen und Verschleppungen, über Repressalien an nicht konformen Bürger im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat DDR, Willkür, Stasiterror, Bespitzelung, Kindesentzug, willkürliche Verhaftung und Folter, über den Fall der Mauer, bis in die heutige Zeit.
Der Autorin gelingt es mit ihrem einzigartigen Schreibstil lebensechte Schicksale, in erschütternder Art und Weise, dem Leser zu vermitteln, die exemplarisch zeigen, was Krieg und Diktatur unschuldigen Menschen und deren Seelenleben antun können.
Es ist keine leichte Lektüre, die die Autorin dem Leser zumutet, im Gegenteil, unglaubliche Schreckensgeschehnisse lassen oft den Atem stocken und überwältigendes Mitleid mit den Opfern entsteht. Aber es ist kein hoffnungsloses Buch, da es auch immer wieder kleine Glücksmomente in all der Verzweiflung gibt, und die wahre Macht der Liebe letztendlich sogar die Trauer und den Hass besiegt. Ob man die Kraft zum Verzeihen aufbringt, muss aber jeder Leser für sich selbst entscheiden.
Hera Lind gebührt der Verdienst, die Ungerechtigkeiten und Verbrechen der Vergangenheit schonungslos ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren und als Mahnung an die heutigen Kriegstreiber verstanden zu wissen.
Dieses Buch verdient eine Empfehlung für den Geschichtsunterricht an Schulen, in jedem Fall jedoch unbedingt an alle interessierten Leser!