Keine "Voodoo" Musik ...
... oder so ähnlich müsste meine Überschrift lauten. Denn zu viele Pseudo-Musik-Experten auf den verschiedensten Internet-Plattformen, geben ihre (Ein-)Bildung zum Besten, verteilen ihre angebliche "objektive Meinung". Wenn man dann genauer die vermeintlichen Rezensionen, so fern die Kriterien für Rezensionen überhaupt erfüllt werden, liest, stellt man häufig verschiedene eingebildete Wahrnehmungen fest. Zu oft grenzen die Aussagen an "Voodoo" oder man kann es auch schon als "Homöopathie der Musik" bezeichnen, also sehr pseudoreligiöse eingefärbte Aussagen bezüglich der Abmischungen, des Remasters und last but not least die Qualität des Materials.
Es wird dabei geflissentlich verschwiegen, dass Musik bei verschiedenen Hörern unterschiedliche Emotionen ausgelösen. Je nach Erinnerung individueller Erlebnisse im Zusammenspiel der Musik, entstehen entsprechende individuelle und vor allem subjektive Wahrnehmungen. Dann wird zu oft vergessen, das eigene HiFi-Setup zu erwähnen, was aber bei einer Bewertung bzw. einer Rezension unabdingbar ist, da jedes Setup individuell auf den Hörer abgestimmt ist. Auch die eigenen Hörgwohnheiten sind unterschiedlich und mit zunehmenden Alter verändern diese sich, aber auch die Hörfähigkeit verändert sich.
So viel zu diesem leidigen Thema, was einem auf Dauer auf die Nerven geht, weil diese Rezensionen zu häufig einfach keine sind, sondern Enttäuschungsmitteilungen von nicht erfüllten Wunschgespinsten so mancher "Pseudo-Musikprofessoren".
Nun aber zur vorliegenden Doppellangspielplatte mit den Steven Wilson Mixes. Da ich Ultravox! bereits als Jugendlicher gehört habe, folglich als Musikfreak auch die Platten aus dieser Zeit im Original besitze, nebst der 2-LP mit dem Half-Speed-Master aus 2020, kann ich diese Platten gut miteinander vergleichen.
Mein Setup hierfür ist der Marantz PM8006, der Pro-Ject RPM 9 Carbon, Ortofon 2m Bronze, Dali Oberon 7.
Der Marantz hat zwar einen hervorragenden Phonoeingang, dennoch verwende ich einen Phonovorverstärker (Pro-Ject Phonobox S2 Ultra) mit USB-Anschluss, weil ich manche Platten auf meinen Rechner überspiele, um die Musik in digitaler Form unterwegs hören zu können. Der Vorverstärker hat den Vorteil, dass ich hier die Anschlusswiderstände verändern kann bzw. auf das jeweilige System anpassen kann. So viel zur Technik.
Da meine alten Platten zwar sehr gepflegt sind, aber es liegt nun mal in der Natur der Sache, dass sich Platten nach häufigen Abspielen eben der Klang nach und nach über die Jahre verschlechtert, hat die Originale natürlich das Nachsehen. Vor allem der Mittenbereich hat mit der Zeit (42 Jahre) doch ziemlich gelitten, auch die Höhen sind nicht mehr brilliant. Dennoch klingt sie noch immer ganz passabel. Den Stevens Wilson Mix finde ich persönlich sehr ausgewogen, weniger laut, aber dafür deutlich räumlicher als die 40th Anniversary Half-Speed-Master 2-LP. Also auch ein Half-Speed-Master ist noch lange kein Garant für Qualität, aber eindeutig ein Verkaufsargument - und darum dreht es sich meistens. Das kann man auch immer wieder schön beobachten mit Aussagen wie "in den AIR-Studios gemastert" oder auch die berühmten "180 g Virgin-Vinyl" etc. Marketing ist halt alles, alt bekannt und immer wieder fallen genügend Menschen darauf rein. Denn die letztendliche Qualität wird noch immer durch das Mastering, Mix und die Materialien vorgegeben. Zum Schluss darf aber auch die Qualitätskontrolle nicht fehlen - und genau aber an diesem Punkt haben die Plattenhersteller ein ganz großes Defizit.
Aber zurück zur Musik. Ich bin sehr wahrscheinlich ein wenig voreingenommen bezüglich Steven Wilson. Denn alle Mixe (echtes Remastering!) von dem Mastermind von Porcupine Tree, haben eine unverkennbare Handschrift. Viele Details in der Musik werden bei Wilson, je nach Stimmung, anders betont, als bei den Originalmixen. Und das kann den einen oder anderen Hörer irritieren. Auch mich irritiert das manchmal, aber nach mehrmaligen Hören (vor allem bei Jethro Tull und XTC), finde ich zumeist die Mixe wesentlich homogener und harmonischer im Zusammenspiel der einzelnen Instrumente. Nicht umsonst wird Wilson in Musikerkreisen hochgelobt für seine feinen Abmischungen. Die King Crimson Abmischung bei "In the court of ..." hingegen finde ich nicht gelungen, weil sich die Musik zu sehr auflöst und mir die Dichte fehlt. Aber ich schweife wieder ab. Nach mehrmaligen Hören der Steven Wilson Mixe der Vienna ist mein Fazit: Deutlich räumlicher, weniger Lautheit aber dafür mehr an Dynamik. Die Half-Speed-Master an sich ist dennoch gelungen, aber nach einer Weile finde ich diese Version anstrengend, da viele der Instrumente zu oft nicht so deutlich zu orten sind. Aber letztendlich ist aiuch das mein persönliches subjektives Wahrnehmen.
Im Grunde genommen kann ich beiden Reissues eine gute bis sehr gute Qualität zusprechen. Auch das Vinyl selber ist hervorragend verarbeitet. Ich hätte mir einige mehr Informationen zu den Aufnahmen gewünscht, also z. Bsp. Entstehungsgeschichte, die Zusammenarbeit mit Conny Plank (R.I.P.) und vielleicht einige retrospektive Ansichten der beteiligten Musiker.