Gelungene Interpretation - Historisch-informierte Aufführungspraxis in Vollendung
Jedes Jahr ein neues WO habe ich mir irgendwann zum Ziel gesetzt, diese Aufnahme wird mir auf jeden Fall länger im Ohr bleiben. Bereits am Anfang der ersten Kantate beweist Rudolf Lutz warum er ein Bachspezialist ist. Beim ersten Choral war ich überrascht, als der Organist unter der Zeilenendpause (Fermate) anfing zu improvisieren, eine Technik, welche im Barock sehr viel öfter verwendet wurde, als wir denken.
Am Ende der sechsten Kantate ist einem auch klar, warum die alte bachsche Aufführungspraxis von sechs einzeln gespielten Kantaten von Vorteil ist. Bei "Nun seid wohl gerochen" bleiben die Barocktrompeten frisch, klar und ausgeruht wie vor "Jauchzet, frohlocket"!
Kleines Manko - was aber kein Grund gegen diese Aufnahme ist -, Rudolf Lutz arbeitet mit einem kleinen Kammerchor. Bach selber arbeitete, wie wir spätestens seit Joshua Rifkin („Bach’s Chorus: A Preliminary Report“, 1982) und Andrew Parrott ("The Essential Bach Choir", 2000) wissen, nur mit einem bis zwei Sängern pro Stimme!
Trotzdem, diese Aufnahme wird eine der Referenzaufnahmen an welcher sich zukünftige historisch-informierte Interpreten werden messen müssen. Also anhören und überraschen lassen.