Jugendlich und berührend
Ich habe diese CD bestellt, nachdem mir ein Freund eine Kritik im "Gramophone" Magazin gezeigt hat. Es ist eine sehr intime Aufnahme, die ich wirklich mag. Ich habe das Gefühl, dass der Tenor Richard Resch einem die Lieder nicht einfach nur vorsingt, sondern einen mit seinem Pianisten gemeinsam zum Zuhören einlädt. Ich persönlich liebe diese Art des Liedgesangs.
Es handelt sich um eine sehr - im besten Sinne - bescheidene Aufnahme: Der Sänger prahlt nicht heldenhaft mit seinen stimmlichen Mitteln, hält sich diszipliniert zurück, zugunsten eines intensiven Erzählens, ganz im Dienste der Müllerschen Verse, die dem Liedzyklus zugrunde liegen.
Persönlich gefällt mir auch die untere Lage und baritonalere Stimmfärbung, die viele Tenöre oft vermissen lassen und daher eher quäkig klingen. Resch hingegen hat eine weiche, samtige aber dennoch volle Stimme, der man gerne auf dieser Winterreise folgt.
Die Balance zwischen Stimme und Klavier gefällt mir sehr gut, Diego Caetano ist ein sehr einfühlsamer Begleiter und schafft es, seinem eher bescheidenen Bechstein-Flügel zauberhafte Töne zu entlocken, und schafft mit seinem Spiel Klangfarben und einen (Schnee)Klangteppich, auf den sich Richard Resch vollends stützen und seinen schönen Gesang entfalten kann.
Im gesamten Zyklus gefallen mir immer wieder besonders die erzählerischen, eher sprachbetonten Momente, in denen der Sänger einzelne Worte charakterisiert, was ich als sehr fesselnd empfinde.
Weder der Sänger noch der Pianist haben Angst vor langsamen Tempi, eine Erschwernis in der Interpretation, die man ausfüllen und ertragen muss – das bewundere ich.
Alles in allem eine sehr empfehlenswerte Aufnahme, eine anspruchsvolle, intensive „Winterreise“ - hoch intellektuell, aber dennoch berührend. Und erfrischend jugendlich. Nach all den eher düsteren, nach "Altherren Art" dargebrachten „Dieskau-esken“ (Bitte nicht falsch verstehen, ich schätze Herrn Fischer-Dieskau sehr) Interpretationen dieses altbekannten Zyklus ist es schön, eine jugendlich-maskuline Stimme zu hören, die dem wohl eher jungen Erzähler der Winterreise, fast wie in einer Fortsetzung der "schönen Müllerin", nahe kommt.
(Das Booklet bietet nicht allzu viele Informationen, die Texte - den meisten hier wohl ohnehin bekannt - kann man auf der Website des Labels downloaden.)