Ein echtes Meisterwerk!
Felicien David ist wahrscheinlich nur wenigen Kennern ein Begriff. Das sollte sich eigentlich ändern und insbesondere diese Oper kann dazu beitragen. Herculanum ist ein, von wenigen Längen im ersten Akt abgesehen, spannend erzähltes Drama über den Untergang der gleichnamigen Stadt durch den Ausbruch des Vesuv. Hintergrund der Zerstörung ist hier eine düstere Prophezeiung und - wie sollte es anders sein - eine Liebesgeschichte. Die Konzentration auf wenige Protagonisten und keine Nebenhandlungen ermöglicht eine sehr dichte Erzählweise. Das szenische Material ist dabei keineswegs untypisch. Es gibt ein Trinklied, eine Gebetsszene, eine Vision und schmachtende Romanzen.
Musikalisch kommt das Werk gefällig, aber nie einfallslos daher. Die "Verwandlung" Nicanors in den Satan im zweiten Akt zum Beispiel ist musikalisch fantastisch mit schwebenden Streichertremoli und dunklen Holz- und Blechbläserklängen dargestellt. Die anschließende Vision (der Satan zeigt Lilia ihren Geliebten Helios mit der Kontrahentin Olympia) legt musikalisch perfekt umgesetzt die verschiedenen Ebenen (Arie des Helios und parallel den Dialog zwischen Lilia und Satan) aufs Tableau. Es fehlt allein noch eine passende szenische Umsetzung!
Die Solisten singen alle auf fantastischem Niveau. Edgaras Montvidas gibt mit strahlend warmem Tenor den verführten Geliebten, Nicolas Courjal mit farbenreichem Bass den düsteren Feind der heilen Welt. Karine Deshayes überzeugt mit warm klingendem Mezzo und beweglicher Stimme in allen Lagen als Olympia und Veronique Gens singt strahlend leicht und jugendlich rein die vom starken Glauben getragene Geliebte. Die Partie des Magnus ist zwar nicht sehr groß, dennoch wichtig für die Handlung und wird überzeugend von Julien Veronese geboten.
Begleitet, oder vielmehr getragen, wird dieses Ensemble von den mal druckvoll, mal zart spielenden Brüsseler Philharmonikern. Das Orchester beweist einmal mehr seine große Klasse und Klangkultur. Eine tolle Leistung bringt ebenfalls der Flämische Rundfunkchor mit stimmgewaltigen und perfekt verständlich (!!!) gesungenen Chören. Ebenfalls eine große und schöne Partie in diesem Werk.
Hervé Niquet leitet das Zusammenspiel souverän mit kontrastreichen Tempi und schönen dramatischen Bögen über die teilweise sehr langen Duette.
Eine wunderschöne Oper und eine unbedingte Empfehlung für jeden, der etwas Neues kennenlernen möchte!