Fast schöner als das Original
Wenn man sich solch fabelhafte Einspielungen des Variationszyklus' von Pianisten wie Igor Levit ins Gedächtnis ruft, dann hält man es kaum für möglich, dass dieser schlichte, brillant perlende Kolorit von einem Streichensemble ebenbürtig erzeugt werden kann. Nicht, wenn man mit Frank Peter Zimmermanns Platte mit den Bach-Violinsonaten vertraut ist, welche für mich eine quasi unerreichbare Referenzeinspielung darstellt.
Tatsachlich übersieht man bei aller Diskussion über Werktreue und Aufführungspraxis, etwa in der Frage, ob Cembalo-Werke durch einen modernen Konzertflügel zu ersetzen seien, dass bereits zu deren Entstehungszeit, ein toleranter Umgang mit variablen Besetzungen gepflegt wurde. So fehlt bei Bachs "Kunst der Fuge" jede Ausweisung für ein bestimmtes Instrument und auch die Oboen-, Cembalo- und Violinkonzerte unterzog der Meister selbst regen Arrangements.
Nun hat es das Trio Zimmermann geschafft, mit einem gesanglichen, nie unterkühlten Ton einschließlich einem ideal dosierten Vibrato sowie durch eine gleichwohl weich federnde Artikulation und ein dynamisch perfekt abgestimmtes Zusammenspiel die barocke Kontrapunktik und Phrasierung wahrend, eine Platte vorzulegen, die aus dem Werk scheinbar ungehörte Ebenen hervorlockt und insgesamt "menschlicher" als das Original wirkt, mit dem sie mühelos mithalten kann.