Zugreifen solange nicht vergriffen
Diese Inszenierung von Patrice Chereau hat Kultstatus, was schon allein daran deutlich wird, dass zum zehnjährigen Jubiläum der Produktion in Aix die Mediathek von arte sie monatelang (erneut) zeigt und die Berliner Staatsoper zum Bühnenabschied Waltraud Meiers eine Wiederaufnahme ins Programm genommen hat. Alles zurecht, denn die Regie wird der Musik Straußens und dem Libretto Hofmannsthals vollauf gerecht: sie hat Atmosphäre durch ein wunderbar ausgeleuchtetes, sorgfältiges archaisches Bühnenbild. Das Faszinierende ist jedoch die geniale Personenführung des geschulten Filmregisseurs Chereau, die die Beziehungen der Personen deutlich herausarbeitet, wobei die Kamera auch die kleinsten Blickkontakte einfängt. –
Von den Gesangssolist:innen sticht Evelyn Herlitzius klar heraus, weil sie diese anspruchsvolle Partei von Elektra (sie ist die gesamte Zeit auf der Bühne) nicht nur hervorragend singt (allenfalls gegen Ende hatte ihre Stimme etwas gelitten), sondern weil sie sich die Seele aus dem Leib spielt und tanzt. Das ist mitreißendes Musiktheater und kein Rampensingen.
Das Orchestre de Paris mit Esa-Pekka Salonen spielt einen tadellosen Strauss, kann jedoch mit der Spitzenklasse von Herlitzius, Meier und Chereau und auch etwa einem Thielemann nicht ganz mithalten. –
Das Schmankerl dieser Blu-ray ist ihre bibliophile Aufmachung als Büchlein mit einem selten prächtigen Begleitheft. –
P.S. Wie jemand für diese Disk nur zwei Sterne vergeben kann, ist mir schleierhaft; dass diese schlechte Bewertung nicht begründet wird, hat für mich den Charakter eines gemeinen Heckenschützen. Frage: Warum lässt jpc begründungslose Kritiken, zumal solche mit ein oder zwei Sternen zu? Das zeugt von wenig Respekt gegenüber den Künstler:innen und torpediert die finanziellen Investitionen der Labels.