Alchimie einer Mordnacht
Prag im Dezember 1599. Christian Stern, ein junger Gelehrter aus Regensburg, will am Hof von Rudolf II. Karriere machen. Kaum in der Stadt an der Moldau angekommen, findet er die Leiche der 16-jährigen Magdalena Kroll. Stern gerät in Verdacht, die junge Frau ermordet zu haben, wird aber schon nach kurzer Zeit wieder entlastet. Kaiser Rudolf höchstpersönlich betraut den jungen Gelehrten mit der Aufgabe, Magdalenas Mörder ausfindig zu machen…
In seinem historischen Roman „Alchimie einer Mordnacht“ entführt Benjamin Black den Leser in das ausgehende 16. Jahrhundert nach Prag. Es gelingt dem Autor ganz ausgezeichnet, den Leser mit der gegebenen Situation vertraut zu machen. Sowohl die düstere, frostige Atmosphäre des frühneuzeitlichen Prags wie auch der persönliche Hintergrund Sterns, die rätselhaften Mordfälle, in die der junge Gelehrte unversehens schlittert und die Vorgänge am Hof des Kaisers werden vom Autor interessant und detailreich beschrieben. Ruckzuck ist man mittendrin in einer Welt aus Lug und Trug, Machtgier, Intrigen, Verschwörung und Verrat.
Sehr gut gefallen hat mir, dass Benjamin Black für Sterns Part die Ich-Perspektive gewählt hat und ihn selbst von seinen Erlebnissen erzählen lässt, da man so alles, was den Gelehrten beschäftigt und was ihm während seiner Zeit in Prag widerfährt, sehr intensiv miterlebt.
Neben den fiktiven Figuren bevölkern auch zahlreiche historische Persönlichkeiten diesen Roman. So begegnet man im Verlauf der Handlung neben Rudolf II. u.a. auch dessen Geliebter Katharina Strada, die hier unter dem Pseudonym Caterina Sardo auftritt, seinem Kammerdiener Philipp Lang, dem englischen Alchimisten und Spiritisten Edward Kelley, der Dichterin Elisabeth Johanna von Weston und auch Tycho Brahe und Johannes Kepler. Die Kombination von fiktiven und historischen Akteuren ist Benjamin Black hervorragend gelungen, das Zusammenspiel aller ist gut durchdacht und funktioniert prima.
Ein wenig schade ist es, dass die Krimihandlung von dem Intrigenspiel so weit in den Hintergrund gedrängt wird. Ich hatte gehofft, dass Stern umfassender ermitteln würde, aber er lässt sich treiben und von den finsteren Machenschaften und vielfältigen Verwicklungen mitreißen. Die Informationen, die zur Aufklärung der Mordfälle führen, schnappt er dabei eher zufällig auf.
„Alchimie einer Mordnacht“ ist eine spannende Geschichte über das alte Prag, randvoll mit hinterhältigen Intrigen, aber nicht der Kriminalroman, den ich erwartet habe.