Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
Die Familie Hardcastle hat zu einem Maskenball nach Blackheath House eingeladen. Blackheath ist ein abgelegenes, vernachlässigt wirkendes Anwesen inmitten eines Waldes. Auch Aiden Bishop ist dort, allerdings nicht als er selbst - er erwacht im Körper des Gastes Sebastian Bell und hat zudem sein Gedächtnis verloren. Dass etwas ganz und gar nicht stimmt, erkennt Aiden, als er am zweiten Tag die Ereignisse des Vortages in einem anderen Körper und damit aus einer anderen Perspektive noch einmal erlebt.
Am dritten Tag bekommt Aiden von einem Mann in einem Pestdoktorkostüm seine Aufgabe und den weiteren Ablauf erklärt – Aiden soll den Mord an Evelyn Hardcastle, der Tochter des Hauses, aufklären. Er wird dafür acht Tage Zeit haben und in acht unterschiedliche Personen schlüpfen. Nur wenn er das Rätsel in der vorgegebenen Zeit löst, darf er Blackheath wieder verlassen. Ansonsten beginnt alles von vorn…
Stuart Turton erzählt diese Geschichte sehr anschaulich und wartet mit einer Fülle von Details auf. Der Autor schafft mit seinen Beschreibungen eine tolle Atmosphäre, ich fühle mich direkt auf dieses englische Landgut katapultiert, mitten hinein in eine illustre Gesellschaft. Schon nach wenigen Seiten war ich gefesselt von Aidens Erlebnissen und habe gespannt das Geschehen verfolgt.
Der Roman besticht vor allen Dingen durch seine abwechslungsreiche, vielschichtige Handlung. Neben dem stetigen Wechsel von einer Person zur nächsten - Aiden erlebt manchmal nur Bruchstücke eines Tages in einem Wirt und wechselt daher mehrfach zwischen den einzelnen Personen hin und her - halten zahlreiche Ereignisse, immer neue Anhaltspunkte, aufgedeckte Hintergründe, stutzig machende Widersprüche und überraschende Wendungen sowie auch die unterschiedlichen Eigenheiten der Wirte, die Aiden sich nach und nach sehr geschickt zunutze macht, das Geschehen lebendig. Damit seinem Protagonisten nicht langweilig wird, hat der Autor die Suche nach dem Mörder noch ein wenig aufgepeppt: es gibt Rivalen, die das gleiche Ziel verfolgen wie Aiden. Ein Wettstreit, den am Ende nur einer gewinnen kann.
Obwohl der Ablauf der Dinge eigentlich jeden Tag der gleiche ist, bekommt der Leser immer wieder eine neue Geschichte präsentiert, weil sich der Blickwinkel auf die Ereignisse ständig ändert. Daraus ergibt sich ein faszinierendes Verwirrspiel, das Stuart Turton ganz hervorragend konstruiert und ausgeklügelt hat – jeder einzelne Handlungsfaden wurde äußerst sorgsam verwoben, so dass der gesamte Verlauf der Handlung stimmig ist und am Ende keine Fragen offen bleiben. Trotz der unzähligen Details habe ich zu keiner Zeit den Überblick über die Geschehnisse verloren, wobei ich allerdings zugeben muss, dass ich sehr konzentriert lesen musste. Kein Krimi, den man mal so eben nebenbei liest.
„Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ hat mir sehr gut gefallen - ein außergewöhnlicher Kriminalroman, der mit einer verzwickten Handlung, zahlreichen Wendungen und einer nicht vorhersehbaren Auflösung zu überzeugen weiß.