Ein hinreißendes, in herbstlicher Melancholie schimmerndes (Alters-) Werk ...
... und das beste, was es von David Gilmour auf Album-Länge seit "Animals" zu hören gab. Große Worte? In der Tat. Indes agiert der 78-Jährige auf "Luck And Strange" mit einer derart unfassbaren Souveränität, dass klar scheint: Dieser Mann ist - anders als andere - mit sich, seinem Leben und seiner Musik völlig im Reinen, was aber nicht bedeutet, dass er sich auf den Meriten aus vergangenen Zeiten ausruht. Im Gegenteil: Unter der Ägide von Co-Produzent und Spiritus rector Charlie Andrew wagt sich David Gilmour beizeiten aus seiner Komfortzone. Klar sind da immer noch diese betörenden Melodien, ist da dieses unnachahmliche Gitarrenspiel, dieser Sound, der - mitunter sanft orchestriert - Weite atmet, zu schweben scheint. Doch das allzu Glatte, das "On An Island" oder "Rattle That Lock" prägte, ist einer gewissen Brüchigkeit gewichen, die dem Album eine enorme Spannung verleiht. Die Aufnahmen, so ist zu hören, sollen nicht gerade konfliktfrei verlaufen sein. Doch das Ergebnis ist über jeden Zweifel erhaben: Mindestens das Titelstück, in dem noch der unvergessene Richard Wright am elektrischen Piano und an der Hammond-Orgel zu hören ist, dazu "The Piper's Call", "Dark And Velvet Nights" und das finale "Scattered", in dem einen Gilmours Gitarrensolo förmlich abheben lässt, sind Songs für die Ewigkeit. Doch auch die restlichen Tracks, darunter das The-Mongolfier-Brothers-Cover "Between Two Points", gesungen von Davids Tochter Romany, sind ganz formidabel geraten. Mit Blick auf andere Rezensionen hier vielleicht noch ein Wort zur Press- und Klangqualität: Mein Exemplar (schwarzes Vinyl) läuft extrem ruhig und ohne Höhenschlag (Glück gehabt), lediglich im Fade-out von "Luck And Strange" ist ein sekundenkurzes Knacken zu hören, der Sound ist transparent und von bemerkenswerter Räumlichkeit. Ein weiteres Pluspunkt: das wundervolle Gatefold-Cover (und dito Booklet), fotografiert und designed vom großen Anton Corbijn - ein haptischer Hochgenuss. Kurz gesagt: "Luck And Strange" ist ein in jeder Hinsicht makelloses Meisterwerk. Wegen Platten wie dieser bin ich seit weit mehr als 50 Jahren Vinyl-Fan.