Schönheit überdauert die Zeit
Unglaublich schöne Musik, deren Reiz sich aufgrund der Komplexität ("Autopsy" sei hier genannt) und der atemberaubend vielen Details erst bei mehrmaligem Hinhören immer noch steigert bzw. vollends erschließt.
Voller Erwartung nach der Lieferung hatte ich die CD direkt im Auto eingelegt und war zunächst enttäuscht. Es klang blechern, dumpf und unharmonisch. Schade, dachte ich. Dann aber auf der Abhöre im Wohnzimmer: ein völlig anderes Klangbild. Die Gitarren klar abgegrenzt (links und rechts) und sehr sauber und natürlich dargestellt, die Stimme - ja diese Stimme...- völlig präsent in der Mitte bis leicht rechts im Raum stehend, der Bass tief reichend und machmal knackig (A Sailors Life) , die Becken gut abgenommen und lebendig klingend (ev. fehlt hier ein klein wenig Luftigkeit), nur das Schlagzeug und vor allem die Snare hätte für meinen Geschmack etwas direkter und trockener klingen sollen. Aber in den Gesangspassagen steht natürlich diese unglaublich schöne Stimme im Vordergrund, und Sandy Denny singt mit großer Dynamik. Und die Dynamic ist überhaupt in vielen Stücken eine echte Freude. "A Sailors Life" z.B. baut sich erst langsam und leise auf, um dann nach Ende des Gesangsparts ungefähr zur Hälfte des Stückes in ein "tosendes" Gefecht der beiden Gitarren, der Fidel und des Basses anzuwachsen. Klingt es zu Beginn noch wie ein schottisches Volkslied, ist der zweiteTeil ein psychodelisches Gemälde der See bei Sturm. Und am Ende des Liedes ebbt dieser Strum wieder ab, die See beruhigt sich und wird mild und sanft. Schön gemacht!
Neben dieser sagenhaften Stimme, fesselt vor allem auch die tolle Gitarrenarbeit von Richard Thompson und Kollege die Ohren an die Lautsprecher. Meist sparsam eingesetzt (wie überhaupt die ganze Instrumentierung), scheint jeder Ton mit Bedacht und Gefühl gespielt und man lauscht den Gitarren (akku. wie auch elekt.) wie einem Sprecher eines Hörspiels. Und auch die Schlagzeugarbeit - da sind 1969 echte Profis mit ganz viel Hingabe am Werk gewesen.
Und zu den (bis auf meinen Geschmack "Si tu dois partir" und "Cajun women", mit denen ich nichts anfangen kann) wirklich tollen Stücken dann noch dieser Folk-Rock-Jahrhundert-Song "Who Knows Where The Time Goes" - entspannend und aufrührend zugleich.
Welch ein Glück, dass solche Musik damals kreiert wurde - wer weiß ob so etwas heute noch zu Stande käme.