Lohnende Wiederentdeckung
Das Barylli-Quartett (gewissermaßen das Quartett des Wiener Musikvereins der Vierziger und Fünfzigerjahre) ist auch unter Streichquartett-Liebhabern und Kritikern weitestgehend vergessen. So fehlt derzeit (10/2017) auch noch ein deutschsprachiger Wikipedia-Artikel über das Quartett.
Die vorliegende umfassende Edition mit 22 CDs gibt nicht nur einen schönen Überblick über das Schaffen des Quartetts, sondern bietet vor allem bei der Gesamteinspielung von Beethovens 16 Streichquartetten einen herausragenden Einblick in eine heute aus dem Gebrauch gekommenen Spielkultur. Das ist ein etwas anderer Beethoven, womöglich der authentischere. Während die Spitzenquartette von heute tendenziell ein sehr analytisches, virtuoses, von scharfen Kontrasten und markanter Dynamik geprägtes Spiel favorisieren, geht es dem Barylli-Quartett um einen intimen und sehr warmen Ton, ein äußerst homogenes Klangbild und ein kultiviertes Erzählen. Wer den zweiten Satz von Beethovens erstem Streichquartett im Vergleich mit modernen Aufnahmen hört, wird sofort verstehen, was es hier wiederzuentdecken gibt.
Die technische Klangqualität der digitalisierten Aufnahmen ist auf hohem Niveau.
Ausgesprochen ärgerlich ist jedoch, dass es kein Begleitheft gibt, das etwas über die Arbeit und die Zeit des Barylli-Quartetts berichtet.