Meeresrauschen
Meeresrauschen, das ist das erste, was man auf dieser CD hört, und es steht wie ein atmosphärisches Leitmotiv über dieser VÖ. L’Amour, La Mort, La Mer ist die zweite Platte, die Patricia Petibon dem Lied widmet, nach der fantastischen La Belle Excentrique von 2014, ihrer letzten VÖ für die DGG, nun also der Nachfolger, der erstmals bei Sony erscheint. Es ist eine sehr intime und emotionale Platte geworden, von persönlicher Betroffenheit geprägt. Die Repertoireauswahl ist sehr vielfältig und auch vielschichtig. Selten Gehörtes, wie z.B. das wunderschöne All through Eternity von Nicolas Bacri, oder Le chant des Lendemains von Thierry Escaich, das Petibon hier zusammen mit ihrem langjährigen Künstlerfreund, dem Regisseur Olivier Py singt, steht neben Bekanntem wie Fauré’s Claire de Lune, oder Sanglots von Francis Poulenc. Die John Lennon Nummer Oh my Love ist ebenso zu hören, wie zwei Kompositionen des bretonischen Minimalisten Yann Tiersen. Überraschend viel Südamerikanisch / Spanisches erklingt, wie z.B. Alfonsina y el Mar von Ariel Ramirez, und allem verleiht die Sängerin eine persönliche künstlerische Note, hier wird nichts einfach so dahingesungen, Petibon gestaltet wie immer hochindividuell, frei von Routine und Gefälligkeit geht sie ins Risiko, liefert sich der Musik und den Texten aus, so wie sie es schon immer getan hat, nur hier, mit der Erfahrung ihrer über 25 - jährigen Karriere, ist es besonders beeindruckend.
Ihre Stimme scheint mir seit La Belle Excentrique ein wenig härter geworden zu sein, hat ein bißchen an Geschmeidigkeit und Wärme eingebüßt, doch das muß kein Nachteil sein, denn sie ist nach wie vor im Volumen und in den Höhen sicher und variabel geblieben. So ist Patricia Petibon in der Lage, jedem der 22 Lieder einen eigenen, dem Gehalt des Songs angepaßten Klang zu verleihen, jede Interpretation individuell zu gestalten und dabei geschmackssicher übliche Manierismen und Klischees zu vermeiden. Ihre langjährige Klavierpartnerin Susan Manoff begleitet gewohnt stilgerecht und verleiht den Liedern zuverlässig den erforderlichen Rahmen, der Akkordeonist David Venetucci sorgt für die erforderlichen Akzente.
Umso ärgerlicher ist die Produktion, die die gebotene Sorgfalt an mancher Stelle vermissen läßt. Da stehen Hallräume aus dem linearen Klanggeschehen hörbar heraus, aus dem Aufnahmeraum sind Nebengeräusche zu hören, an einer Stelle scheint gar etwas umzufallen. Das hat bei einer derartigen Produktion nicht vorzukommen, hier wurde schlampig gearbeitet. Daß das Klavier im Mix ein wenig zu weit im Vordergrund steht und klanglich zu viel Bässe abbekommen hat, mag hingegen meinem Geschmack geschuldet sein. Sieht man von diesen Einschränkungen ab, ist der Klang insgesamt ausgewogen und harmonisch, wenn auch für meinen Geschmack zu „modern“ ausgefallen.
Noch weit ärgerlicher allerdings ist das Fehlen eines Textheftes, bei einer derartigen VÖ ist dies schlicht indiskutabel.
So bleibt als Fazit festzuhalten, ein z.T. selten zu hörendes vielseitiges Repertoire, sehr emotional von einer außergewöhnlichen Sängerin dargeboten, mit Einschränkungen bei der Produktion, vor allem jedoch bei der Edition dieser VÖ.