Die beste ELEKTRA - eigentlich die Einzige.....
Bei dieser Aufnahme bin ich subjektiv und keineswegs neutral. Es ist auf dem Tonträgermarkt eine der wenigen Aufnahmen, die ich absolut konkurrenzlos finde, auch angesichts diverser Vergleichsaufnahmen: ELEKTRA mit Nilsson und Resnik unter Solti, die legendäre Aufnahme aus Wien von 1966. Selbst unter Dutzenden von Live-Eindrücken, u.a. in prominenten Besetzungen mit Gwyneth Jones als Elektra und Leonie Rysanek als Klytämnestra, ist für mich kein Erlebnis so nachhaltig gewesen, so unvergleichlich wie das von der LP oder CD aus Wien von 1966. Da reiht sich ein Superlativ an den anderen: Birgit Nilsson als personifizierte Verkörperung von Mutterhass – Mutterhass, der zur Triebfeder für das eigene Leben wird – kompromisslos, zynisch, voller Spott und Verachtung allen gegenüber, auch der Schwester und dem Stiefvater und sogar dem eigenen Bruder, solange sie ihn nicht erkennt. Die Nilsson transportiert all diese Gefühle mit ihrer Stimme, auch die Verbitterung, die Verzweiflung, die Resignation. Ihre Spitzentöne sind unglaublich, sie fressen sich sogar durch das engmaschige Netz einer Richard-Strauss-Orchestrierung, selbst dann, wenn ein Sanguiniker wie Georg Solti Klangwogen im Fortissimo entfacht. Manchmal ist es schaurig, ihr zuzuhören, richtig gruselig und gleichzeitig überwältigend. Regina Resnik ist für mich die absolut beste Klytämnestra aller Zeiten – selbst Martha Mödl erreicht nicht diese Intensität. Resnik orgelt mächtig in der Tiefe, erreicht in der Mittellage eine sagenhafte Konzentration bis an die Grenze der Hysterie und hat auch noch die Reserven für eine weit ausladende Höhenlage, ohne jemals die musikalische Linie verlassen oder sich irgendwie durchmogeln zu müssen. Hinzu kommt eine vorbildliche deutsche Diktion. Man höre in der Passage „Warum muss meine Kraft in mir gelähmt sein?“ die einmalige Behandlung des Wortes GELÄHMT. Das ist einzigartig und unerreicht. Für mein Empfinden ist Regina Resnik die einzige Interpretin der Klytämnestra, die es schafft, die zwei gegensätzlichen Gesichter dieser Figur absolut überzeugend zu vermitteln: einerseits die aristokratische Herrscherin, die über alles erhaben ist und keinen Widerspruch duldet und andererseits die seelisch zerrüttete, bereits vom Wahnsinn gestreifte und völlig hilflose menschliche Hülle, die sich eigentlich nur noch vor sich selbst fürchtet. Crysothemis steht zwischen ihrer Mutter und ihrer Schwester. Marie Collier setzt ihren klaren Sopran geschickt ein, um das ganze Drama dieser armen Seele deutlich zu machen - kontrolliert bis in die höchste Lage, wo man eigentlich nur noch einen Schrei erwarten würde. Gerhard Stolze, erprobt an schwierigen Charakteren, setzt auch hier seinen außergewöhnlichen Tenor geschickt ein, um die merkwürdige Figur des Aegisth darzustellen. Tom Krause singt sehr solide und ausgeglichen einen bodenständigen Orest. Auch die kleineren Partien (Mägde, Vertraute, Schleppträgerin) sind sehr gut und teilweise prominent besetzt (Felicia Weathers, Margareta Lilowa). Dem Dirigenten Georg Solti liegt dieser Strauss förmlich im Blut. Sein Dirigat ist akzentuiert, feurig, dynamisch und glühend von Intensität. Dankenswerterweise lässt er seine Elektra am Ende der Konfrontation mit ihrer Mutter den gesamten Monolog in voller Länge singen und nicht die grässlich verstümmelte Version, auf die üblicherweise gekürzt wird. Mein Prädikat: besonders wertvoll - diese Aufnahme sollte man unbedingt gehört haben!