Kein Klezmer!
The Klezmatics waren bis dato eine (sehr gute) Klezmer Band. Doch dann kam "Wonder Wheel" von 2006: Viel weniger empfehlenswert, als ihr Meisterwerk "Rise Up!" (ganz zu schweigen von "The Well" zusammen mit Chava Alberstein) ist diese, sogar mit einem Grammy ausgezeichnete Produktion. Denn dabei handelt es sich bloß um nachträgliche Vertonungen von teilweise ziemlich dünnen Texten aus dem Erbe des großen Woody Guthrie (1912-1967) durch die einzelnen Mitglieder der Klezmatics. Das ist mehr oder weniger gut gelungen und erinnert nur noch von Ferne an Klezmer Musik. (Gesungen wird auch nicht in jiddisch, sondern in englisch.)
Doch was das Schlimmste ist und zur Abwertung auf drei Punkte führt: Die miserable, stark komprimierte Qualität der Aufnahme. Obwohl die Stücke durchaus unterschiedlich arrangiert und instrumentiert sind, fehlt jegliche Dynamik, und es klingt alles mehr oder weniger gleich laut (siehe Loudness War). Für mich persönlich ist dies leider eines der schwächeren Alben der Klezmatics. Da empfehle ich doch viel lieber "Rise Up!" von 2003 und "The Well" von 1998...
"Rise Up!" (Wehrt Euch!) ist das Meisterwerk der Klezmatics (als Gruppe). Es fasst ihre vorherigen Arbeiten kongenial zusammen und vereint alles, was ihre typische (instrumentale) Klezmer-Musik und die von Lorin Sklamberg gesungenen jiddischen Lieder ausmacht – und ist traurig und lustig zugleich: Shvaygn = Toyt! (Schweigen gleich Tod!)
"Ich habe keine Angst vor Eurem Jahwe,
ich habe keine Angst vor Eurem Allah,
ich habe keine Angst vor Eurem Jesus,
ich habe Angst vor dem,
was Ihr in Gottes Namen tut."
(Holly Near – Übersetzung von mir)
Noch besser und einfach Herz ergreifend sind die jiddischen Lieder, die die israelische Sängerin Chava Alberstein (geb. 1947 in Stettin) und Lorin Sklamberg von The Klezmatics auf "The Well" mit der musikalischen Unterstützung der Gruppe singen und spielen. Die Texte stammen von jüdischen Poeten des 19./20. Jahrhunderts und sind so hervorragend vertont, dass zusammen mit den charismatischen Stimmen der Beiden alles wie aus einem Guss wirkt: Zeltene Muzik!
"Meine Schwester Khaye mit Augen grüne
Ein Deutscher in Treblinka sie hat verbrannt
Und ich bin in der jüdischen Medine
Der einsam Letzte der sie hat gekannt"
(Binem Heller) Nachdichtung aus dem Jiddischen von mir; in: "Ein Engel weint"