Die Modernität Beethovens
Wer Paavo Järvis erfolgreiche Einspielung der Beethoven Sinfonien (seine 3. und 8. sind für mich Referenzinterpretationen) mit der Bremer Kammerphilharmonie kennt, kann sich vorstellen, was ihn erwartet. Aber mehr als das, Järvi bleibt nicht stehen und geht in seiner Beethoven Sicht seinen Weg konsequent weiter. Bereits der erste Akkord (Geschöpfe des Prometheus) ist ein klares Statement über seine Sichtweise. In dieser Konsequenz und Kompaktheit habe eine solche musikalische Aussage noch nicht gehört. Järvi setzt auf Kontraste und lässt keinen Raum für romantisierende Anklänge. Das ist schlichtweg Beethoven modern. Seine radikale Interpretation lässt völlig neue Facetten dieser Musik hörbar werden. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen erweist sich abermals als Ausnahme-Orchester, das Järvi mit atemberaubenden Präzision kongenial folgt. Wer Beethoven neu entdecken will, und bereit ist, für eine knappe Stunde alte Hörgewohnheiten abzulegen für ist mit dieser SACD bestens bedient.
Einzige Kritik: Mit einer Spielzeit von gut 50 Minuten wurden knapp 30 Minuten verschenkt, in denen man die restlichen Ouvertüren (Ruinen von Athen, König Stephan, Leonore 1 +2) zumindest teilweise noch hätte unterbringen können. Das sind sicher nicht Beethovens größte Meisterwerke, aber mehr als interessant genug, um in dieser SACD berücksichtigt zu werden.