Eine Sternstunde
An Aufnahmen der h-moll Sonate von Liszt mangelt es wahrlich nicht, und es gibt eigentlich keine Notwendigkeit zur Neuaufnahme. Dennoch möchte natürlich jeder Pianist dieses Werk gerne einspielen und aufführen. Das dabei höchst unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden liegt auf der Hand. Allerdings negativ wie positiv. Wer glaubt, nach Argerich oder Horowitz käme nichts neues mehr, wird von der vorliegenden Aufnahme schnell eines besseren belehrt. Zwar verfällt auch Korstick mitunter der Versuchung, sich in den extatischen Aufschwüngen gehen zu lassen, aber ansonsten ist seine Deutung durchaus diszipliniert, durchhörbar und sehr strukturiert. Da werden keine Manierismen gepflegt, alles klingt äusserst konturiert und wohlüberlegt, wie wir das auch von seinen Beethoven Sonaten kennen. Dabei ist der virtuose Zugrif mitunter atemberaubend, obwohl er fast nie die Kontrolle verliert. Er stellt auch nicht gerade einen Schnelligkeitsrekord auf (die Aufnahme von Argerich ist 3 Minuten kürzer, viele andere bedeutende Aufnahmen sind allerdings auch länger), aber in den virtuosen Abschnitten bleibt er nichts schuldig. Zusammen mit anderen bedeutenden Aufnahmen (neben den bereits genannten z.B. Brendel, Hough oder Ogdon) gehört diese Einspielung zu den absoluten Höhepunkten.
Auch der 1. Band der Pilgerjahre verspricht ungetrübtes Hörvergnügen. Zwar bietet Korstick hier im Vergleich zu anderen Aufnahmen zwar keine Sensation, aber es handelt sich um eine rundum gelungene Aufnahme.