Die neue Königin von Kaufbeuren
Am Anfang stand ein Live-Date: Bei einer Reise konnte der Autor die 2013 neu erbaute Orgel mit ihren 51 Registern ausgiebig spielen. Ein inspirierendes Instrument, das nicht nur in der Region Maßstäbe setzt! Die intensiven Vorüberlegungen zu Konzept, der Disposition, den Pfeifenmensuren, dem regionalen Bezug, zu historischen Traditionen Oberschwabens (Riepp, Gabler, Holzhay) haben sich wirklich ausgezahlt.
Eine Klasse für sich ist die hochdifferenzierte Intonation der Register, das letzte Werk der Intonateure Andreas Saage, Bernd Reinartz und Jacques Hanss, die nun bei der Firma Klais in Bonn arbeiten. Die Klangfarbenpalette, An- und Absprache der Pfeifen, ihre überragende Verschmelzungsfähigkeit lassen beim Spielen immer wieder erstaunen. Chapeau für die Herren!
Ein Glück, dass das Aufnahmeteam von Klaus Faika dies sorgsam für Organum Musikproduktion auf CD eingefangen hat. Sicher hat es die hervorragende Akustik der Kirche leichter gemacht: Der Raum ist dem legendären rechteckigen „Schuhkarton-Format“ nahe, der Nachhall trägt, verschleiert aber nicht. Und so kommt im Plenum ein von voluminösen, knurrigen Bässen geführter gravitätischer Sound von der Empore, von dem die höher liegenden Register wie auf Händen getragen werden.
Bach und Johann Gottfried Walther haben Glanz und Klarheit bei polyphonen Passagen, da zeigen sich die Qualitäten der in den Mittellagen wunderbar cremig zeichnenden Principale. Die Galanteriestücke des Klassikers Franz Bühler werden zu einer berückend samtigen „Flötenstunde“. Bei Karg-Elert kommen deutsch-romantische Farben der Grundstimmen zum Einsatz, aber auch die bezaubernde, mit Tremulant gespielte Voix humaine. Ja, und nicht zuletzt dank der schimmernden Zungen gelingt auch französische Literatur wie das „Pièce heroique“ von Franck, die Méditation von Duruflé oder die Toccata von Joseph Jongen. Der abgrundtief schwarze 32’-Untersatz weckt den Subwoofer einer jeden Anlage aus dem Schlaf.
Der Organist der Dreifaltigkeitskirche, Traugott Mayr hat das Programm zur „Vorführung“ der Orgel also prima zusammengestellt. Er spielt es auch akkurat, nicht draufgängerisch, aber mit Verve und großem Klangsinn. Hörenswert ist nicht zuletzt sein Barockspiel: Lebendig, artikuliert, rhetorisch angelegt, dennoch mit großem Überblick. Nie droht die Gefahr von motorischer Routine, nie klingt das Spiel nur nach virtuoser Show.
Eine dicke Empfehlung für diese Produktion!