Endlich wieder richtiger Schlager!
Jedes Mal, wenn der sogenannte moderne Schlager aus irgendwelchen Boxen dröhnt, beschleicht mich das Gefühl, als sei eines der berühmtesten Schiffe der Menschheitsgeschichte gar nicht untergegangen. Der "moderne Schlager" hört sich nämlich an, als wäre er im Maschinenraum der Titantic aufgenommen worden: Ein auf Disco-Gestampfe zurechtgetrimmtes, alles dominierende Gehämmer und Gewummer, garniert mit dem Geträller dünner Stimmchen irgendwelcher Sternchen und Emporkömmlinge und abgerundet mit billigen synthetischen Klängen aus der Konserve. Das ist alles mögliche – Bumsmusik, Clubmusik, Kirmestechno, Pop-Gedödel – aber gewiss kein Schlager!
Bereits seit vielen Jahren wird in der Schlagerbranche Selbstverleugnung höchsten Grades betrieben. Angeblich muss ja alles – so auch die Musik – ständig weiterentwickelt werden. Das Ergebnis ist erschütternd: Der deutsche Schlager hat sich fast bis zur Unkenntlichkeit kaputtentwickelt. Er hat sein Gesicht und seine Identität fast vollständig verloren, weil er größtenteils in Pop-Gedödel und Bumsmusik aufgegangen ist und sich somit beinahe selbst ausgelöscht hat. Deshalb habe ich mich zunehmend vom Schlager abgewendet. Es gibt mittlerweile nur noch eine Handvoll Schlagerinterpreten, deren Musik ich erträglich finde.
Welch ein Segen, dass es Typen wie Dirk Berns, Frank Lüttmann und Stefan Pössnicker gibt – drei sympathische Sänger mit Bodenhaftung, die nicht nur über hervorragende Stimmen verfügen, sondern auch das Format und den Mut besitzen, genau die Musik zu machen, die ihnen gefällt, anstatt sich zu verbiegen und auf irgendwelche billigen Trendzüge aufzuspringen.
Endlich wieder richtiger Schlager! Die Schlagerpiloten verwöhnen uns mit Lieder voller Fernweh, Sehnsucht, Leidenschaft und Zärtlichkeit: Romantische und klangvolle Melodien, die ins Ohr gehen und gefühlvolle Texte, die ins Herz gehen.
Musik, bei der endlich auch das Mitsingen wieder Spaß bereitet – im Gegensatz zu dem sogenannten "modernen" Schlager, dessen flache und langweilige Melodien nichts hergeben.
Was ich allerdings höchst ärgerlich finde, ist, dass die Schlagerpiloten sich leider nicht dazu durchringen konnten, auf die nervtötenden "modernen Beats" zu verzichten. Manche Lieder sind durch das Gedröhn derart verschandelt, als seien sie auf einem Ölfeld direkt neben einer Erdölpumpe aufgenommen worden.
Dadurch stellt sich beim Hören ein recht eigenartiges Empfinden ein: Einerseits die fantastischen Melodien und die traumhaften Texte, die den Hörer gedanklich in die Ferne schweifen lassen, ein romantisches Ambiente erzeugen und die Seele geradezu streicheln – und andererseits das unsägliche Gehämmer, welches einem das Gefühl gibt, als würde der Schädel mit dem Presslufthammer bearbeitet werden.
Einen weiteren Minuspunkt gibt es für das Booklet. Dass es in fast allen Booklets von Fehlern nur so wimmelt, ist nichts Neues; ich habe mich daran längst gewöhnt und rege mich darüber nicht mehr auf.
In dem Booklet zu "Santo Domingo" sind allerdings ein paar grobe Schnitzer unterlaufen, beispielsweise "Montigo Baby" (in dem Text von "Lady Jamaika"). Es muss natürlich "Montego Baby" heißen. Als ich dann in dem Text zu besagtem Lied auch noch das Wort "Palmenheim" las, wäre mir das Heftchen beinahe aus der Hand gefallen. (Korrekt: "Palmenhain").
Fazit:
Ich habe größte Achtung vor Menschen, die ihren eigenen Kopf haben und genau das tun, was sie für richtig halten und was ihnen persönlich gefällt, anstatt wie Schafsköpfe im Takt der Herde mitzublöken.
Ich finde es höchst erfreulich, dass es endlich wieder Interpreten – dazu noch mit hervorragenden Stimmen – gibt, die sich dem klassischen beziehungsweise traditionellen Schlager verschreiben.
"Moderne Beats" gehören nicht zum klassischen Schlager – und sie passen auch nicht zu ihm. Deshalb gibt es für das "bumm-bumm" einen Stern Abzug.