Genialität ist nicht alles ...
Musikinteressierte, so wie Ich, haben sicher mit Spannung das Album des jungen begabten Jacob Collier erwartet. Sämtliche Videos auf YouTube sowie Posts in den sozialen Netzwerken haben ja auch neugierig gemacht auf den Musiker. Hier nun meine persönliche Bewertung seines Debutalbums:
zunächst sind alle Tracks wie erwartet von ihm selbst arrangiert und eingespielt worden und natürlich auch selbst produziert worden, dafür schon mal meinen allerhöchsten Respekt!
Der Sound ist sehr gut, sauber und aufgeräumt kommen alle Parts und Instrumente zum Vorschein, auch mit der nötigen Dynamik. Schon beim Anspielen des ersten Tracks spürt man die Genialität des Musikers auf dieser Produktion. Allerdings hinterfrage ich bereits nach der ersten Minute das Ziel des recht vollgepackten Tracks. Das ist übrigens auch schon vorweggenommen mein Resumé des gesamten Albums, fast alle Tracks sind mir ganz einfach zu komplex, zu vollgepackt, mir verlangt die Musik ganz einfach zu viel ab. Ich merke, daß sich hier ein Künstler verwirklicht hat, alle Register seines Könnens gezogen hat und ein Ausrufezeichen in der anspruchsvollen Musikwelt setzen wollte. Die Rechnung dieser One Man Show geht aber leider nicht voll und ganz auf!
Die vielen programmgesteuerten Vocalarrangements (vor allem bei "Flintstones"), die vielen Soli, sowie die vertrackten Breaks, Beats und Tempiwechsel machen das Album zu undurchsichtig. Ein paar weniger instrumentale Parts sowie das Besinnen auf einige wenige Harmonien hätten diesem Werk besser zu Gesicht gestanden.
Ein weiterer Aspekt, der mich stört, ist die Eintönigkeit seiner Vocals, die etwas nasale wie tenore Stimme wirkt auf Dauer zu einseitig. Im Übrigen klingen seine Vocals am schönsten, wenn er summend wie zu Beginn bei Track 4 einen schönen Harmonie-Teppich legt wie einst bei Werken von Henry Mancini oder bei den Singers Unlimited.
Kurzum könnte es sich hier auch um ein Demo-Tape eines jungen Musikers handeln, wenn es sogar nicht auch so ist :-) Um auch nochmal beim 1. Track zu bleiben, für mich ist es sogar eine Erholung nach diesem den Track 2 "in My Room" zu hören. Erholung vom Streß eines auf mich wirkenden ADHS-Musikstückes, ähnlich wie bei dem letzten Track des Albums "Don't You Know".
Abschließend kann ich also vermelden, daß mein Verlangen, das Album ständig oder oft zu hören nicht sehr groß ist, und ich denke, daß es vor allem darauf ankommt. Das ist dem Arrangement bzw. dem Grundgedanken des Albums geschuldet, Jacob Collier muß vielleicht noch viel lernen, entsprechend dosierter zu Werke zu gehen. Er bietet aber auf Grund seines Talentes eine unheimlich anspruchsvolle Basis um in naher wie auch ferner Zukunft vielleicht ein großer Musiker zu werden. Schließlich muss es ja auch mal Nachfolger von Joe Zawinul & Co geben ...