Interpol waren noch nie diejenigen, die ihren seit ihrem großartigen Debüt beschrittenen Weg verlassen haben. Wen wundert’s? Schließlich haben sie sich mit ‚Turn on the Bright Lights‘ klanglich wie visuell direkt ein Korsett verpasst, das so perfekt sitzt wie ihre maßgeschneiderten Anzüge. Warum also versuchen neue Trends setzen, wenn es noch so viel zu erzählen gibt? Gerade am Beispiel der in der Nachbarschaft angesiedelten Editors lässt sich erkennen, dass neue Experimente nicht unbedingt immer interessanter sein müssen.
Allerdings scheinen Interpol immer noch auf der Suche nach dem Schnitt zu sein, um ihr Korsett wieder so passgenau und perfekt hinzubekommen wie zu Zeiten, bevor Carlos Dengler die Band verlassen hat. Denn sowohl ‚Interpol‘ als auch ‚El Pintor‘ klangen doch sehr ähnlich. Man hatte das Gefühl, dass die Qualität der Songs durch eine intensivere Produktion angehoben werden sollte, wodurch insgesamt betrachtet der Klang doch ein bisschen zu harmonisch geraten ist.
‚Marauder‘ hingegen zeichnet sich durch eine eigenständigere Atmosphäre aus. Es wirkt anfangs gegenüber seinen Vorgängern wie ein Mauerblümchen, dem noch die Aufhübschung, quasi der letzte Schliff, fehlt. Doch gerade das macht ‚Marauder‘ zu dem interessanteren Werk. Ein Album, in das man sich erst hineinarbeiten muss. Die Songs überzeugen aufgrund ihrer Entrücktheit nicht sofort, doch lässt man sie wirken, entfalten sie sich und entpuppen sich zu echten Perlen, die vor allem eins sind: albumdienlich. Man findet hier nicht unbedingt die Übersongs, aber doch durchweg gute Stücke, die die gesamte Stimmung des Albums mit tragen und somit ein in sich geschlossenes Werk bilden.
Die Schlussfolgerung daraus: Interpol sind immer noch dazu imstande, große Alben herauszubringen. Und seien wir ehrlich, es sind im Grunde nur Nuancen, die die Unterschiede zwischen den ersten und den aktuellen drei Alben ausmachen. Am Ende haben sie alle miteinander eins gemeinsam: Es ist in jedem Fall ein Interpol-Album mit Wiedererkennungswert, das unabhängig von Zeit und Trends hörenswert bleibt.