Faith No More's Meisterwek
Drei Jahre zuvor schafften Faith No More mit 'The Real Thing' den Durchbruch, aber mit 'Angel Dust' lieferten sie ihr Meisterwerk ab. Nie zuvor und auch nie wieder danach war die Band derart kreativ, nie zeigten sie sich experimentierfreudiger. Man mekt dem Album den stärkeren Einfluss von Michael Patton an, der 1991 mit seiner Zweit-Combo Mr. Bungle bereits zeigte, wie gerne er mit komplizierten Song-Strukturen arbeitet. Vorab sollte gesagt werden, dass es sich hierbei um kein Album handelt, das man nebenbei hören kann. Das Album startet mit Land Of Sunshine noch einigermaßen erwartungsgemäß, aber man hört direkt, dass Michael Patton seine Stimme weiterentwickelt hat. Er wird seine Stimme auf dem ganzen Album wie ein weiteres Instrument einsetzen, eine Art Waffenarsenal. Auf dem zweiten Stück 'Caffeine', enorm düster und gezeichnet von ständigen Tempiwechseln, setzt Patton dieses Waffenarsenal denn auch in seiner ganzen Bandbreite ein. Es folgt 'Midlife Crisis', die erste Single; eine Art Rap-Rock. 'RV' beinhaltet gar Country-Elemente. 'Smaller and Smaller' ist wieder deutlich düsterer; mittendrin glaubt man einer indianischen Zeremonie beizuwohnen, ehe einen ein weiterer Tempowechsel zurückholt in den Song. 'Everything's Ruined' ist deutlich massenkompatibler, hat einen tollen Rhythmus und einen weichen Refrain (sozusagen das 'From Out Of Nowhere' von Angel Dust). Malpractice gehört wieder zur Gattung bitterböse; Patton strapaziert einmal mehr seine Stimmbänder und das Tempo des Songs wechselt permanent. Danach kommt das musikalisch etwas seichtere 'Kindergarten', eine weitere Rap-Rock-Nummer. Es folgt mit 'Be Aggressive' ein Stück, bei dem man den Refrain sehr gut mitbrüllen kann, wenn es einem die Nachbarn denn nicht übel nehmen. 'A Small Victory' ist wieder massenkompatibler und war daher auch Single (nebenbei: die Remix-Single hierzu ist großartig). 'Crack H*****' ist ein weiterer ungewöhnlicher Song, was Aufbau und Ausführung betrifft. 'Jizzlobber' sollte man unbedingt in später Nacht auf dem Kopfhörer hören. Dieser Song kann einem eine Gänsehaut verschaffen. Michael Patton verlangt hierbei seiner Stimme Alles ab. Der Rhythmus, das Keyboard, die Stimme und das göttliche Finale machen diesen Song für mich zum heimlichen Top-Song von diesem Album. Das letzte Lied 'Midnight Cowboy' ermöglicht es dem Hörer, wieder herunterzukommen und den Adrenalin-Spiegel zu senken. Jeder Song auf diesem Album weiß zu überzeugen und das Album selbst ist für mich eines der stärksten der 90er Jahre.