Eine lohnende Anschaffung: Bach & Beyond
QUALITÄT DER AUFNAHMEN UND DER CD
Die Qualität der Aufnahmen und der Klang sind über jeden Zweifel erhaben. Offensichtlich wurde auf gute Technik und gute Aufnahmeräume geachtet. Die meisten Aufnahmen entstanden in der Kapelle der Kobe Shoin Women’s University in Japan. Ihre besondere Architektur, die in einigen Booklets abgebildet ist, zeitigt eine feine, raffinierte Akustik die sich hörbar im Klang niederschlägt. Die 15 CDs mit 16 Stunden und 29 Minuten Musik sind in Österreich gepresst und werden vom renommierten schwedischen Klassiklabel BIS Records vertrieben. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1997 bis 2010.
REPERTOIREWERT:
Es sind einerseits einige gängige Werke der Barockmusik vertreten, wie die Marienvesper von Monteverdi, die Geistliche Chormusik von Schütz, der Messias von Händel sowie Violinkonzerte, Magnificat, Goldbergvariationen und Kantaten von Johann Sebastian Bach, aber durchweg in hörenswerten und klangschönen Aufnahmen, aber dazu später mehr.
Der Wert der CD-Box wird aber wesentlich erhöht durch die Neuentdeckungen, die auch Kenner der Alten Musik hier machen können. Der „Neu-gepflanzte Thüringische Lust-Garten“ von Johann Rudolf Ahle (geistliche Chormusik mit Instrumentalbegleitung, oft in Form geistlicher Konzerte), ist zum Beispiel eine Musik, die bestimmt noch niemand zuhause hat Im Booklet heißt es nämlich: „Die vorliegende CD dürfte die erste sein, die jemals Ahles Schaffen gewidmet wurde." Ein absolutes Highlight, und wunderschön musiziert. Gleiches gilt für die Magnificat-Vertonungen von Johann Kuhnau und Jan Dismas Zelenka (wer kennt diese Werke?) oder die herrlichen Cello-Konzerte von Carl Philipp Emanuel Bach. Oder auch für Buxtehudes Kantaten aus „Membra Nostri Jesu“, diese sind aber nichts, was ich mir persönlich ständig anhören würde. Aber es muss ja nicht jedes Werk von diesen 15 CDs jedem gefallen.
Informative Booklets mit ausführlichen Werkeinführungen wurden in dieser CD-Box nicht einfach eingespart oder digitalisiert beigegeben, sondern in gedruckter, schöner Ausführung, wie wenn ich jede CD einzeln gekauft hätte. Dass sich die einzelnen CDs in Papiertäschchen befinden, finde ich keinen Nachteil, sondern im Gegenteil vorteilhaft für das Platzmanagement im CD-Regal und den Umweltschutz.
INTERPRETATION
Die Einspielungen erfolgten unter Leitung des Japaners Masaaki Suzuki, einem Kenner der Alten Musik. Er wurde 1954 in Kobe geboren, lernte Orgel und studierte Cembalo und Orgel am Sweelinck-Konservatorium in Amsterdam u.a. bei Ton Koopman. Er ist heute Professor für Orgel und Cembalo an der Nationalen Universität für Kunst und Musik in Tokio.
Sein „Bach Collegium Japan“, zu dem auch ein Chor gehört, spielt auf historischen Instrumenten. Er gründete das Collegium im Jahr 1990, um die historische Aufführungspraxis nach Japan zu bringen.
Es stehen ausgezeichnete japanische Solistinnen und Solisten auf der Liste der Mitwirkenden, wobei es mir vor allem der Countertenor Yoshikazu Mera angetan hat, der es einem Michael Chance an Weichheit der Stimmgebung mindestens gleichtut. Aber auch die Sopranistin Midori Suzuki singt sehr schön. Deutsche, britische, belgische und skandinavische Solisten (u.a. Gerd Türk und Stephan Schreckenberger) ergänzen die sehr gut besetzten Ensembles. Auch unter den Instrumentalsolisten gibt es sowohl Japaner als auch Europäer.
Es ist ungeheuerlich, wie gut die Werke für meinen Geschmack interpretiert sind, bei aller Skepsis, die man japanischen Ensembles entgegenzubringen pflegt. Sprachliche Defizite lassen sich nicht feststellen. Die Musik wird klangschön und musikantisch, ohne Gewaltakte emotionaler Art dargeboten.
Höhepunkte sind für mich die Aufnahmen von Kantatensätzen „A Choral Year with Bach“ und Händels Messias.
Wenn man dann Aufnahmen, die man von bestimmten Werken schon hat, mit den Neuerworbenen vergleicht, wird man unter Umständen andere Seiten der Musik entdecken. Dies ist der Fall bei der wunderbaren Messias-Einspielung. Temperamentsausbrüche à la Gardiner sind nicht zu erwarten, dafür eine geistliche Vertiefung der Musik, eine spirituelle Art des Klangs.
Masaaki Suzuki schreibt in seinem Vorwort: „Manchmal werden die Worte der Bibel mit tiefem religiösem Verständnis auf eine Weise vertont, die die Seele reinigt, wie in Bachs Kantaten, aber im Messias erreichen die Worte das Herz durch die starke Anziehungskraft seiner so reizvollen Musik. Ich hoffe aufrichtig, dass der Hörer durch die Musik (…) die gesungenen Botschaften verstehen wird.“ Ich denke, Suzuki ist dies gelungen. Eine lohnende Anschaffung!