Typisch VICE und doch ganz anders!
Als großer Fan der Serie hatte ich mich zunächst lange Zeit fast schon geweigert, den Film anzuschauen, da auch die Kritiken nicht unbedingt so hervorragend waren. Als der Film dann aber im TV kam, sah ich ihn mir doch an, und war eher positiv überrascht. OK, dieser Film und die Serie haben so einige Unterschiede. Die Serie war damals Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre nicht nur einfach eine Fernsehserie, sondern auch ein Stück weit ein Lebensgefühl. Das ins Jahr 2006 zu übertragen kann im Grunde fast nur Scheitern. So muss man den Film natürlich mit der Serie vergleichen, andererseits muss man ihm aber auch eine gewisse Eigenständigkeit zugestehen (was natürlich nicht so einfach ist), denn wenn man ihn nur an der Serie mißt, kann er eigentlich nur verlieren. Unabhängig von der Serie ist es ein ordentlicher, gut gemachter amerikanischer Actionkrimi, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Im Vergleich zur Serie muss man positiv sagen, das die Story typisch VICE ist. Teilweise ist man sogar an die Serie erinnert, vor allem gibt es m.E. manche Ähnlichkeiten zur Folge "Abenteuer in Kolumbien" (Smugglers Blues) der ersten Staffel: Crockett und Tubbs werden von einer Bundesbehörde undercover genutzt um Drogen aus Südamerika zu schmuggeln, da es in deren Behörde eine "undichte Stelle" gibt, von der Infos an die Dealer weitergeben werden. Trudy wird als Tubbs Frau "installiert", später entführt, mit einer Bombe verdrahtet, aber befreit. Crockett und Tubbs treffen sich in Südamerika in einem finsteren Club mit dem Dealer um das Geschäft auszuhandeln. Und auch so manch anderes ist typisch VICE: Crocketts Verhältnis mit Isabella erinnert an Folgen wie "Auf dem Kriegspfad" (2.Staffel) oder "Lady Love" (3.Staffel) oder auch an Tubbs der ein Verhältnis mit der Tochter von Calderone hat, wie auch der Chef des Drogenkartells etwas an Calderone aus der Serie erinnert. Und der Showdown am Ende ist ja auch typisch VICE. Auch die Musik passt gut. Natürlich kein Jan Hammer, aber sehr atmosphärisch und gut gewählt, sowohl die Songs, als auch der Score von John Murphy. Wenn man sich nun die Figuren betrachtet, wird es natürlich schwierig. Crockett und Tubbs identifiziert man nun mal Don Johnson und Philipp Michael Thomas, da führt kein Weg dran vorbei. So haben es Colin Farrell und Jamie Foxx, auch wenn sie ohne Zweifel gut agieren und nicht völlig unpassend ausgesucht sind, einfach schwer. Switek und Zito haben insgesamt doch auch sehr wenig von den witzigen Charaktern Michael Talbott und John Diehl der Serie, auch der optische Vergleich geht auseinander. Völlig daneben ist für mich die Besetzung und Darstellung von Castillo. Aus dem drahtigen, geheimnisvollen, in asiatischen Kampfkünsten geschulten, gelassenen von Edward James Olmos klasse dargestelltem Vice-Chef, wurde der typische, etwas füllige und langweilige Typ, wie man ihn aus anderen Cop-Serien/Filmen oft kennt. Es gibt also so manches Für und Wider. Aber, auch als alter Fan der Serie sollte man dem Film durchaus eine Chance geben.