Der Klassiker Beethoven zum 2020er Jubeljahr, ein Grosser Wurf, Teil I
Als Jordi Savall, der bekannte Alte-Musik-Spezialist, und sein Concert des Nations, alle Barockmusik-Kenner, mit Beethovens 3ter Sinfonie, seinem ersten Revolutions Opus 'Eroica', quasi nebenbei in einer Nachtaktion ( "Wir nahmen das Stück in einer Nachtsitzung auf, ganz zum Schluss, morgens um halb acht, als alle eigentlich völlig erschöpft waren, die „Marcia funebre“. Es war eine unglaublich intensive Atmosphäre."), so hellwach aufspielte, besser: auftrumpfte, mit revolutionär-plebejischem Gestus, da ahnte und wünschte man ev wie ich, so möge der Sinfoniker Beethoven doch insgesamt bald klingen ...
Savall hat sich 25Jahre Zeit gelassen - "Proben heißt ja auch probieren: Man muss der Musik die Chance geben, uns zeigen zu können, wie sie gespielt sein möchte.
Mit finanzieller Unterstützung unter anderem vom katalanischen Kultur-Departement und vom französischen Kulturministerium können wir uns jetzt intensive Proben leisten. Bei der Besetzung orientieren wir uns am Orchester der Beethoven-Zeit: rund fünfzig Musiker, Professionelle und solche, die ihr Studium gerade abgeschlossen haben."
Und der solange gereifte Beethoven klingt wirklich unerhört anders, klassizistisch auf barockem Fundament, "weil ich von der Musik Johann Sebastian Bachs oder Jean-Philippe Rameaus her zu Beethoven komme und nicht wie viele andere Dirigenten aus der entgegengesetzten Richtung: von Johannes Brahms oder Gustav Mahler. Aus dieser Perspektive könnte man ja leicht denken, Beethoven gehöre zum gleichen, spätromantischen Stil. Aber das stimmt nicht."
Und man hört's in der spielerischen Agilität kleiner dynamischer Details, herrliche Paukenrethorik, minimale Bläser-Streicher Phrasierungsnuancen, und eher forsche, aber stabile Tempi, keine verhetzten Scherzi, ohne hysterische Formel-I-Rasanz.
Dazu Savall "Das Tempo war für Beethoven eines der wichtigsten Elemente beim Musikmachen! Wenn ihm jemand erzählte, dass ein Stück von ihm aufgeführt worden sei, dann fragte Beethoven als Erstes: Wie waren die Tempi? Er hatte eine Obsession für Tempi. Deshalb hat er sie später genau notiert. Auf historischen Instrumenten sind diese Angaben gut umsetzbar. Gemeinsam mit dem genauen Studium der Artikulation sind Beethovens Tempoangaben für mich der Ausgangspunkt für die Interpretation."
Und als Resultat klingt der erste Teil, Sinfonien nos.1-5, des Klassikers Beethoven wie die Einlösung eines Versprechens, profund hist.informiert und ebenso instrumentiert-differenziert gespielt, farbig-nuancenreich in einem Klangbild mit Zeit und Raum, unerhört modern. Ein erster grosser Wurf.
(Nur zur Info: Die 3te Sinfonie ist neu eingespielt, und nicht die 94er Aufnahme, die jedoch unübertroffen bleibt!)