Ein umstrittener Pianist?!
Alexis Weissenberg konnte in Deutschland nie die Anerkennung erfahren, die ihm in anderen Ländern entgegengebracht wurde. Sein hochvirtuoses Spiel, sein Verzicht auf romantisierende Interpretationsklischees und manchmal auch die schiere Kraft (Lautstärke!) seines Spiels brachten ihm den Vorwurf der seelenlosen Kälte ein.
Im interpretatorischen Ansatz grundverschieden verband ihn mit Glenn Gould diese Tendenz zur Polarisierung. Es gab Bewunderer, Verehrer und leidenschaftliche Ablehnung. Dazwischen schien kein Platz zu sein.
Bedingt durch den zeitlichen Abstand können wir heute an diese Interpretationen vielleicht etwas entspannter herangehen. Dann erscheint es zwar ungewöhnlich, etwa 2 Klavierkonzerte von Mozart so kraftvoll und energisch zu hören, aber eben nicht vollkommen falsch.
Rein subjektiv gesprochen, wirken auf mich viele neuere Interpretationen der gängigen Standardwerke gleichförmig, ähnlich und manchmal regelrecht konturlos. Deswegen bin ich dankbar, wenn es Interpretationen gibt, die mich und meine festgefahrenen Hörgewohnheiten ein wenig herausfordern. Und bei aller Kritik an Weissenbergs Spiel, sollte man dennoch festhalten, daß er eben KEIN Kraftmeier und KEIN Show-typ (Lang-Lang!) war, sondern ein hochintelligenter, eigenwilliger und reflektierender Interpret.
Salopp gesprochen war er halt unter anderem auch ein absolut erstklassiger Klavierspieler, auf einem Niveau, von dem andere Klavierspieler nur träumen können. Deswegen also: uneingeschränkte Empfehlung für die vorliegende Zusammenstellung.