Perfekt abgestimmtes neues Blues-Rezept
Ja Ja. Wer interessiert sich heute schon noch für Blues? Wir haben doch den Bohlen und die Lady Gaga, DSDS-Superstars und alle Nase lang Newcomer mit epochalen Hits zum Downloaden und Wegwerfen nach Gebrauch. Wer vermisst da noch eine mit Sorgfalt und Liebe kreierte LP/CD, die nicht nur ausgezeichnet klingt, sondern deren Interpreten auch fulminant, glaubhaft und nachhaltig ihren Musikstil "ausleben"? Das neueste Werk der "United Blues Experience" müsste mit einer Warnung des Kultus-Ministeriums versehen werden: "Vorsicht! Wiederholtes Hören kann süchtig machen". Dudelradio-Hörer sind freilich wenig gefährdet, denn sie kommen mit dem Virus, der da lauert, praktisch nicht in Berührung. Wer allerdings leicht anfällig ist und häufig Gefahr läuft, sich in den eigenen vier Wänden ganz bewusst musikalisch einwickeln, ach was: verzaubern zu lassen, der sei auf der Hut! Die "Heart Blood Ballads" steigern oder senken den Blutdruck je nach Intention der ausführenden Künstler, locken in himmlische Sphären, in denen dem Hörer der Blues in einer ganz einzigartigen Form begegnet. Dieses "musikalische Heilmittel der Afroamerikaner" (so die lebende Konzert-Veranstalter-Legende Fritz Rau), zubereitet nach dem Geheimrezept der UBE, becirct auf unnachahmliche Weise, die der Liebhaber gängiger, stampfender, elektrisierender, rudimentär strukturierter Titel großer Blues-Men wie Muddy Waters oder B.B.King noch nicht das Vergnügen hatte, kennenzulernen. Garantiert. Man kann sich dem Zauber, der da sanft die persönliche Stimmungslage zum Positiven hin verändert, nicht entziehen. Wolfgang Bernreuthers virtuoses Spiel auf elektrisch verstärkten oder akustischen Gitarren, Beata Kossowskas engelsgleiche Stimme, das unaufdringliche Bass- und Rhythmus-Fundament von Rudi Bayer am Kontrabass, die Liebe zum Detail, die kleinen Nischen in einem breiten musikalischen Spektrum, die da ausgelotet werden, sind Zutaten, aus denen ein akustisches Festmahl zubereitet wird, das zwar kalorienreich, aber in keinster Weise belastend ist. Erste Sahne, könnte man auch sagen. Balladen sind Balladen - da muss Beata Kossowska hinnehmen, dass sie sich nicht wie sonst bei der United Blues Experience üblich, auf der Blues-Harp austoben darf. Auch Wolfgang Bernreuther, dem leidenschaftlichen, stilistisch stets toleranten Fanatiker "seiner" Musikrichtung, dem im Blues-Fieber durchaus auch mal der Gaul durchgeht, bremst sich ein. Das Ergebnis ist berauschend. Insbesondere, weil Dank der elektronischen Zauberer aus der Clearaudio-Edelschmiede eben nichts rauscht und alles so perfekt klingt, als ob Bernreuther & Co im Wohnzimmer sitzen. Meine dringende Empfehlung: unbedingt kaufen. Am besten gleich im Doppelpack mit der Live-CD/LP "The Cologne Concert", auf der im besten Sinne des Wortes die Post abgeht.