Düster und bedrohlich...
Der Nachfolger des klassischen "Aftermath" und der Vorläufer von "Their satanic majesties..". Nach "Paint it black" und dem völlig überdrehten (aber genialen) "Have you seen your mother, baby.." war dieses Werk die logische Folge. Die Band zog sich immer mehr von Live-Auftritten zurück und genoß das Leben der Rock-Aristokratie in Swinging London. Dementsprechend wurde mehr Zeit in den Studios verbracht, die Produktionsmöglichkeiten wurden ausprobiert (nicht immer zum besten der Songs, die manchmal unter lauter Studio-Gimmicks zugeschüttet wurden, wie z. B. "Please go home", wo der harte Bo-Diddley-Beat fast völlig verschwindet..). Trotzdem hat das Album seine Stärken - denn die Songs sind bis auf wenige Ausnahmen sehr gut, allerdings tritt das raue Bluesfeeling zugunsten von Power-Pop zurück - aber das lag ja im Stil der Zeit: alle britischen Bands von den Beatles bis zu Move wurden psychedelisch und die Songs immer komplexer produziert. Es beginnt mit dem bedrohlichen Perkussionsstück "Yesterday's Papers", sehr zynisch und geht weiter mit dem düsteren "My Obsession". "Backstreet Girl" klingt klarer, ist aber vom Text her genauso zynisch wie die Opener. Sanfter wird's bei "She smiled sweetly" - einer der herausragenden Songs auf diesem Album: Mick zeigt tatsächlich Gefühl! Die schnelleren Songs auf dem Album haben viel mit Chuck Berry zu tun, klingen aber manchmal nicht so ganz ausgearbeitet, wie z. B. "All sold out" - ein starkes Intro, aber dann ist irgendwie die Luft 'raus. "Who's been sleeping here", "Connection", "Complicated" und "Miss amanda Jones" sind gute Stones-Nummern, wenn auch keine Klassiker. Die einzigen beiden wirklichen Ausrutscher sind "Cool, calm & collected" und "Something happened to me" - mißlungene Ausflüge im Vaudeville-Stil. Die englische Ausgabe der CD ist die bessere, weil die amerikanische "Let's spent the Night together" und "Ruby Tuesday" enthält - und diese starken Nummern dominieren den Rest des Albums und zerstören die dunkle, bedrohliche Stimmung, die gleich mit "Yesterday's Papers" beginnt - welches auf der US-Ausgabe fehlt. Im großen und ganzen ist das ein Stones-Album der Zwischenphase (nach Blues und vor Blues) - das aber immer noch sehr gut anzuhören ist - vielleicht auch gerade deshalb, weil sich keine zu Tode gehörten Monster-Hits darauf finden.