Gehypte Standard Pop Musik
Kaum herausgekommen, überschlagen sich Medien und Fans mit Begriffen wie Meisterwerk etc.
Bereits nach dem Durchhören der Hälfte aller möglichen 31 produzierten Titel der Anthology bin ich enttäuscht, daß auch dieses Album wieder im Stile der letzten drei Veröffentlichungen fließbandmäßig geschrieben wurde. Es sind immer die gleichen gesäuselten Herzschmerz-Titel, die von der Unfähigkeit, vernünftige, stabile Beziehungen zu unterhalten und erfolgreich Konflikte ohne Einbeziehung der Fans oder der Öffentlichkeit auszutragen, berichten. Musikalisch gehen den Alben der letzten 5..6 Jahre die ursprüngliche Einzigartigkeit und Abwechslung ab. Wo ist die Dynamik, die Lebendigkeit der ersten vier Alben geblieben? Immer wieder massenhaft austauschbare Titel mit ähnlichen Themen, denen ein frisches, kreatives Songwriting fehlt, zu veröffentlichen, enttäuscht mich schon. Daß die Zusammenarbeit mit Dessner/Antonoff keine Spritzigkeit und Titel mit überschäumendem Temperament hervorbringt, ist klar, aber eben sehr prägend.
Allerdings entschädigen die Konzerte - ich freue mich schon auf den München-Auftritt im Rahmen der Eras Tour dieses Jahr - wieder etwas, denn dort ist deutlich mehr Schwung drin.
Ich habe mich für den Kauf einer CD-Ausgabe entschieden, weil ich Taylor trotz Kritik nach wie vor aufgrund ihres Potentials als gute Künstlerin des 21. Jahrhunderts schätze. Allerdings sehe ich ein audiophiles Vinyl-Album aufgrund des elektronischen Sounds als unnötig an. Schade, daß die „The Bolter“-Edition derzeit nur direkt über das Label Universal erhältlich ist, da mir ausgerechnet dieser Bonustitel am besten gefällt.
Übrigens: Wie wird man Milliardärin? Indem man immer wieder die Alben mit verschiedenen Covern und unterschiedlichen Bonus Tracks versieht und Dutzende teure Merchandising Artikel bei jeder Gelegenheit herausbringt und damit Millionen von Teenagern und deren Eltern das Geld aus der Tasche zieht.
Update 09/24 – also nach 5 Monaten: Keine Rolle rückwärts, aber es macht sich tatsächlich gut, die Alben mindestens 20x zu hören, bevor man ein Statement abgibt. Hier sind in der Tat außer „The Bolter“ noch weitere gute Titel vertreten, so daß ich die Musikbewertung etwas anpasse, denn die Alben „Lover“ und „Midnights“ haben (noch) weniger musikalischen Tiefgang und „Evermore“ ist praktisch eine folklore 2.0-Nachlese und hat mich damals schon gelangweilt.
Ich hatte inzwischen die Gelegenheit, Taylor bei der Ears Tour in München aus nächster Nähe zu genießen. Sie ist eine Ausnahmekünstlerin und damit bleibt eben der Ärger, daß sie offensichtlich sehr viel dem (kommerziellen) Erfolg unterordnet…