Mit einer vorzüglichen Vokalbesetzung realisieren Les Talens Lyrique unter Christophe Rousset einen ebenso eleganten wie ausdrucksstarke, dramatische Version von Lullys "Phaeton". Ihre Interpretation kommt ohne die "Übertreibungen" von Marc Minkowski aus, der das Werk schon von 20 Jahren eingespielt hat und dessen Qualitäten sozusagen überbetont hat.
Die Musik, der Rousset erstaunlich viele Farben entlockt, packt den Hörer aber mehr, wenn nicht alles unter Hochdruck steht; v. a. die großen Chor-, Tanz- und Ensembleszenen zeigen Lully bei aller bewussten Konzentration der musikalischen Mittel auf der Höhe seiner Kunst (als Beispiel sei der gleichsam bukolisch swingende Beginn des 4. Aktes erwähnt, der im Reich des Sonnengottes spielt; in diesem Akt gibt es auch eine der größten Tenor-Airs Lullys zu hören, für die es Cyril Auvity, der den Sonnengott gibt, leider noch ein ganz kleines bisschen an der nötigen, freilich sehr hohen Höhe fehlt ... gleichwohl erreicht er zusammen mit dem Phaeton von Emiliano Gonzalez Toro, ebenfalls ein hoher Tenor, in der gesamten Szene eine einzigartige Ausdrucksintensität.)
Die reichlichen Reziative wirken nicht einene Moment langweilig, weil die Solisten den Ausdruck kunstvoll zuspitzen. Trotz der relativ kleinen Besetzung ist der Klang sehr voll und präsent.