Auf und ab - fast wie das Leben...
Praktischerweise enthält die Box eine CD mit Dur- und eine mit Moll-Suiten. Wer zur Melancholie neigt, sollte die schwarze Scheibe meiden oder zumindest darauf gefasst sein, dass ihm eine harte Zeit bevorsteht, so er sie anhören will. Das soll nicht heißen, dass Moll schlecht und Dur gut ist. Es ist eher eine, zugegeben subjektive, Aussage über den Solisten. Herr Enders spielt das Cello nämlich so engagiert und mit Herzblut, dass ich als Hörer mit jedem Akkord, nein, jeder Note mehr und mehr zum Instrument werde, auf dem der Künstler seinen Bogen führt. Gerade die "dunklen" Suiten vermögen es, das Weh und Ach in mir in Resonanz zu versetzen und so zu befreien aus ihrer körperlichen Gebundenheit, vor allem wenn ein Virtuose wie Herr Enders am Werk ist. Wenn man die Moll-Suiten emotional überstanden hat, fühlt man sich gereinigt, heiler und besser. Wie nach einer guten Therapie. Was natürlich primär JSB zu verdanken ist, aber eben auch IE. Danach kann man sich die Dur-Versionen gönnen, mit denen man dann fast in Himmelsnähe gerät und bei denen es schwer wird, Bodenhaftung zu behalten. Was mich zur Qualität der CD bringt: fast überirdisch gut. Selbst auf der altersschwachen Midi-Anlage in unserem Esszimmer klingen die Suiten, als ob Herr Enders mal eben auf ein Sushi herein geschaut hätte und nun zum musikalischen Dessert ansetzt. Das Booklet ist schön gestaltet, etwas für's Auge, welches dann etwas zu tun hat, während die Seele gerade überläuft. Der informative Teil ist überschaubar, dafür in drei gängigen Sprachen, auch die Farbgebung entspricht eher dem Kunstgriff der musikalischen Wanderung zwischen zwei Extremen. Mein Fazit: eine gelungene Zusammenstellung von jeweils drei Moll- und Dur-Suiten von JSB, die zumindest mir überwiegend nicht bekannt waren, virtuos gespielt von einem begnadeten Cellisten, achtsam eingespielt und schnörkellos verpackt und in jedem Fall empfehlenswert.